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„local heroes“-Bundesfinale 2019: „Federhall“ setzen auf elegante Vintage-Ästhetik

Vintage-Zwirn, Synthesizer und „Bonner Liebe“: Die Magdeburger Band „Federhall“ nahm das „local heroes“-Publikum mit auf eine Reise in die Vergangenheit. (Foto: Julia Schwendner / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Am 9. November brachten insgesamt 15 Newcomer-Acts aus ganz Deutschland beim „local heroes“-Bundesfinale die Bühne im Kulturhaus von Salzwedel zum Beben. Mit dabei waren auch die Landesfinalisten aus Sachsen-Anhalt „Federhall“. Die fünf jungen Leute aus Magdeburg, die mit der Startnummer sechs ins Rennen gingen, begeisterten die Zuschauer*innen und holten sich den Publikumssieg.

Diese Fünf scheuen wahrhaft keine Herausforderung. Musikalisch geht das Quintett gern eigene Wege. Videos, die völlig in Eigenregie entstehen, oder Zehn-Minuten-Songs mit variablem Tempowechsel und vielen unterschiedlichen Facetten, die komplett auf Tonband aufgenommen werden, seien da nur beispielhaft genannt. Und auch in Sachen „Live-Einsatz“ gehören Leroy, Mark, Nico, Robin und Hannes von „Federhall“ offenbar zu den „Arbeitstieren“ unter den Newcomern. Denn „local heroes“ war nicht der erste Wettbewerb für sie in diesem Jahr. „Wir haben 2019 bereits einen anderen Bandcontest für uns entscheiden können und hatten in der gleichen Nacht noch ein zweites Konzert in einer komplett überfüllten und stimmungsgeladenen Location in Magdeburg, wo wir unsere ganze Freude dann zusammen mit dem Publikum entladen konnten“, erinnern sie sich zurück.

Für das Publikum waren „Federhall” die beste Band des Abends. (Foto: Christoph Eisenmenger / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Ein ähnliches Gefühl dürfte sich bei „Federhall“ auch während des Bundesfinales in Salzwedel eingestellt haben. „Wir sahen die Chance auf interessante Konzerte und die Möglichkeit andere Bands und Verantwortliche kennenzulernen. Das hat bis jetzt auch gut geklappt.“ Sehr überrascht habe sie das Engagement aller Mitwirkenden des „local heroes“-Teams. Es werde sich sehr gut um alle Bands gekümmert. Dazu sei alles phantastisch organisiert. „Durch die Anzahl der Künstler wird es zwischen den Auftritten etwas stressig. Immer ein Wunder, wie alles dann doch funktioniert.“ Sehr gut funktioniert hat auch ihre eigene Darbietung in Salzwedel. „Federhall“ lieferten wohl nicht nur das optisch eindrucksvollste Kontrastprogramm dieses Bundesfinales. In eleganten Vintage-Zwirn gehüllt, vermochten sie ihr Publikum in die Welt „zwischen 80er Synthesizern und kratzigen Surfgitarren, zwischen Las-Vegas-Spielkasino und DDR-Eckkneipe“ zu entführen. Oder einfach ausgedrückt: Selbst Quentin Tarantino hätte an diesen fünf Musikern seine wahre Freude gehabt. „From Dusk Till Dawn“ lässt grüßen!

Ein langer Atem zahlt sich aus: „Federhall” standen bereits im vergangenen Jahr unter ihrem ehemaligen Bandnamen „Desert Sweet” im Landesfinale von Sachsen-Anhalt. (Foto: Christoph Eisenmenger / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Warme und positive Gefühle

„Wir versuchen schon sehr viele verschiedene musikalische Puzzleteile vergangener Musikepochen in einem frischen und modernen Kontext wieder zusammenzusetzen“, erklären sie ihren musikalischen Stil. „Dazu versuchen wir eine elegante Vintage-Ästhetik an den Tag zu legen. Gepaart mit den Einflüssen aus der deutschen Musikgeschichte (Kraut/NDW) glauben wir, mittlerweile eine recht einzigartige Mischung anbieten zu können.“ Die erste Priorität, so erklären die Fünf, werde bei ihnen immer die Klangästhetik sein. Im englischsprachigen Raum habe sich dafür das schöne Wort „timbre“ etabliert. „Aus diesem Grund nehmen wir auch auf Bandmaschinen auf und benutzen einiges an exotischem Equipment. Die Aufnahmen sollen schon durch ihren charakteristischen Sound warme und positive Gefühle auslösen.“ Auch beim Songwriting gehen „Federhall“ eigene Wege. „Unsere Ambitionen gehen stetig in etwas komplexere und spannendere Abläufe sowie Kombinationen.“ Live komme natürlich der Anspruch hinzu, die eigenen Werke möglichst in „spielerischer Höchstform“ zu präsentieren.

Interview bei Howie Yagaloo. (Foto: Julia Schwendner / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Für die Landesfinalisten aus Sachsen-Anhalt steht immer das Gesamtkonzept im Vordergrund. „Musik, Text und auch mögliche visuelle Eindrücke wie Artworks und Videos folgen bei uns meist einem Thema“, fassen sie ihren Anspruch zusammen. Auf eine konkrete Botschaft, die sie als Band transportieren, wollen sie sich aber nicht festlegen lassen. „Bei ‚Bonner Liebe‘ zum Beispiel war der inhaltliche Schwerpunkt das geteilte Deutschland der 80er Jahre. Grund dafür war unser Interesse daran, auch mal die charmanten Phasen dieser Zeit zu beleuchten, die es ja durchaus auch gab. Daraus entstand dann ein Zehn-Minuten-Werk mit Musikvideo.“ Diesen Song gerade am Abend des 9. Novembers, dem 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls, auf die Bühne des Kulturhaus Salzwedels zu bringen – das war etwas ganz Besonderes. Denn auch das diesjährige „local heroes“-Bundesfinale hatte dieses wichtige historische Datum zum zentralen Thema gemacht.

Selbstverständlich ist die Band mit sehr konkreten Vorstellungen davon, wie Jury und Publikum eine Live-Performance beurteilen sollten, zum Bundesfinale gereist: „Wir denken, ein allgemein authentischer Eindruck ist wichtig. Wie innovativ ist die Band und sind grundlegende Punkte wie sicheres Spielen und Auftreten erfüllt?“ Die Art der Musik sollte ihrer Meinung nach aber keine Rolle spielen. Denn das sei ja bekanntlich Geschmackssache.

Unplugged auf der Foyer-Bühne. (Foto: Julia Schwendner / Aktion Musik • local heroes e.V.)

„local heroes“ gibt wichtige Tipps und auch Kritik

Für „Federhall“ steht jedenfalls fest: „Wir haben schon sehr von der Teilnahme an ‚local heroes‘ profitiert. Die Erfahrung des Teams und die Workshops für die Bands geben wichtige und interessante Tipps. Kritik war für uns schon immer ein wichtiger Eckpfeiler in der Bandentwicklung. Wir lernten Musiker, Fotografen und Veranstaltungsplaner kennen. Viele bieten ihre Hilfe oder Zusammenarbeit an. Dazu hilft uns ‚local heroes‘, unsere musikalische Arbeit zu präsentieren und Leute zu erreichen“, fassen sie ihre Eindrücke zusammen. „Ständige Weiterentwicklung und Selbstreflexion sind uns sehr wichtig. Dazu gehören auch häufiges Proben und das Auswerten der vergangenen Shows.“

Nach der Siegerehrung fehlten den fünf Musiker jedoch zunächst die Worte: „Gerade sind wir einfach nur erschlagen.“ Dennoch freut sich die Band über ein sattes Preispaket für ihren Publikumssieg, bestehend aus einem 400-Euro-Gutschein von dem Merchandise-Anbieter BrandRocks, einem Release für ein Album und eine Single sowie einer CD-Pressung, gestiftet von recordJet.

Wenn sich Folk- und Funkelemente treffen, ist es Zeit für eine Runde „Federhall”. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

„Bloßes Musizieren reicht nicht mehr.“

Und wie geht es nach dem Bundesfinale für sie weiter? „Wir schreiben Musik, nehmen sie auf und spielen sie live. Diese Prozedur wiederholt sich immer wieder. Jetzt gerade schreiben wir neue Songs und planen eine dritte EP. Dazu bewerben wir uns für Festivals 2020 und schauen nach guten Locations für neue Shows.“ Doch um wirklich nachhaltig im Musikzirkus zu bestehen, braucht es mehr. „Eine immer wichtigere Komponente für aktuelle Künstler stellt der Umgang mit den sozialen Medien dar, wo auch wir unseren Fokus in den letzten Monaten deutlich erweitert haben. Dennoch werden für uns auf Dauer stets die klassischeren Komponenten wie Songwriting und spielerische Fähigkeit priorisiert sein.“

Die größte Herausforderung für junge Bands sei ihrer Ansicht nach das Herausstechen aus dem zunehmend übersättigten Musikmarkt. Heutige Produktionsmöglichkeiten sorgten laut „Federhall“ für enorm viele solide Musikaufnahmen. Deshalb müsse man sich eben in den anderen Disziplinen behaupten, um aus der Masse herauszustechen. „Bloßes Musizieren reicht nicht mehr.“

Text: Nicole Oppelt/Lina Burghausen

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