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„local heroes“ 2019: Hier wird Musikgeschichte geschrieben!

So sehen „local heroes“ aus: Me On Monday aus Thüringen gewinnen das diesjährige Bundesfinale des beliebten Newcomer-Contests. (Foto: Christoph Eisenmenger / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Am 9. November fand die Suche nach den diesjährigen „local heroes“ ein Ende: Bei dem Bundesfinale des beliebten Non Profit-Newcomercontests eroberten insgesamt 15 Bands aus ganz Deutschland die Bühne im Kulturhaus von Salzwedel. Das waren so viele wie schon sehr lange nicht mehr. Lautstarke Unterstützung bekamen sie diesmal von der Berliner Band „The T.C.H.I.K.“. Durchsetzen konnten sich am Ende „Me On Monday“ aus Thüringen. Sie sind die Gewinner der Nacht und dürfen sich nun „Beste Newcomerband 2019“ nennen. Den Publikumspreis gewann Band „Federhall“ aus Sachsen-Anhalt.

„Es bringt einfach wahnsinnig viel – und live spielen macht immer Spaß“, empfehlen die Publikumssieger „Federhall“ eine Teilnahme bei „local heroes“. (Foto: Christoph Eisenmenger / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Fragt man dieser Tage, welche Erinnerungen die Menschen an den 9. November 1989 haben, hat wohl jeder seine ganz persönliche Geschichte auf Lager. Auch in Salzwedel war das am vergangenen Wochenende nicht anders. Das diesjährige „local heroes“-Bundesfinale stand ganz im Zeichen des historischen Datums. Schon im Foyer wurden die Besucher*innen an 30 Jahre Mauerfall erinnert, wurden Begegnungen – der Kernaspekt von „Aktion Musik / local heroes e.V.“ – par excellence gelebt. „2019 geht es uns einmal mehr nicht um ‘höher, schneller, weiter‘“, betonte Projektleiterin Julia Wartmann schon in den Wochen vor dem großen Tag. „local heroes“ sei ein Ort der Zusammenkunft, der seit seiner Anfangszeit Ost und West miteinander verbunden habe. Am 9. November 2019 bewahrheitete sich ihre Einschätzung auf das Allerbeste.

„Mit unserer Musik wollen wir den Versuch wagen, uns treu zu bleiben und trotzdem neue Wege zu gehen“, sagen „Vor Rotterdam“. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Salzwedel verbindet Menschen aus der gesamten Republik

Dieses Gefühl absoluter Verbundenheit war gewaltig und riss bis in die frühen Morgenstunden des 10. Novembers nicht ab. Schließlich war allen Anwesenden vor und hinter den Kulissen bewusst: Sie sind dabei, wenn Musikgeschichte auf neue Art geschrieben wird. Ohne Unterlass und nicht selten lautstark unterstützten die mitgereisten Fans alle auftretenden Künstler*innen. Das Team hinter den Kulissen sorgte für einen reibungslosen Ablauf. Musikalische Vielfalt wurde großgeschrieben und euphorisch gefeiert. Indie traf in dieser Nacht auf kernigen Rock und Pop-Punk wurde neben Psychedelic Artrock gefeiert. Dabei war traditionell Tempo angesagt. Immerhin hatte jede Band lediglich 20 Minuten Zeit, Publikum und Jury für sich zu begeistern.

„Unseren Frontman Marcus erkennt man schon aus der Ferne an seiner rauen Stimme“, loben „Fin Dawson“ ihren Sänger. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Das Basisprojekt „local heroes“, das junge Menschen im ländlichen Raum und in den Städten findet, um ihnen eine Plattform abseits ihrer Heimatregionen anzubieten, präsentierte sich im diesjährigen Bundesfinale so stark wie selten. Die Freude über insgesamt 15 teilnehmende Bundesländer stand nicht nur Julia Wartmann während des gesamten Finales ins Gesicht geschrieben. Nach fünfjähriger Pause kehrte Bayern mit seinen Landesfinalisten „Betamensch“ zurück nach Salzwedel. Und auch Thüringen beteiligte sich mit „Me On Monday“, dank der Kooperation mit der Deutschen Bahn und „Mein Einkaufsbahnhof“, erneut an einem der wichtigsten Musikpreise für Newcomer*innen des Landes.

Den Jury-Titel „Beste Newcomer-Band 2019“ räumten am Ende „Me On Monday“ aus Thüringen ab. Mit ihrer Mischung aus Alternative und Pop-Punk gewannen sie den Jurypreis. Das Publikum konnten „Federhall“ aus Sachsen-Anhalt am meisten von sich überzeugen. Bester Sänger darf sich seit dem 9. November Marcus Lifke, Frontmann von „Fin Dawson“ aus Schleswig-Holstein nennen. Bester Instrumentalist des diesjährigen bundesweiten Wettbewerbs ist Florian-Michel Huwe, Gitarrist der Band „The Deaf Kings“ aus Berlin.

„Spaß haben. Eine gute Zeit haben. Etwas machen, das man selbst feiert. Frei sein“, darauf kommt es „The Deaf Kings“ an. Für ihre Bühnenshow brachten sie einen zusätzlichen Schauspieler mit auf die Bühne. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

1.400 Newcomer-Bands aus ganz Deutschland wollen dabei sein

„Musik leistet einen extrem wichtigen Beitrag zum Zusammenkommen von Kulturen, noch immer sprechen wir auch über innerdeutsches Zusammenkommen“, sind Julia Wartmann und ihr Team überzeugt. Eindrucksvoll zu beobachten war das einmal mehr in den vergangenen zwölf Monaten. Die 15 Landesfinalisten 2019 setzten sich in dieser Zeit gegen sage und schreibe 1.400 Newcomerbands aus ganz Deutschland durch. In teils mehrstufigen Wettbewerben galt es sich immer wieder aufs Neue vor Jury und Publikum zu bewähren. Entsprechend waren die Jubelrufe der anwesenden Gäste, die den Finalisten und dem „local heroes“-Team bei der Siegerehrung gegen zwei Uhr morgens entgegenschlugen. „Wir sind in diesem Jahr etwas mehr zurück zu unseren Ursprüngen gekommen – junge Menschen aus dem Proberaum herauszuholen und auf die Bühne zu bringen, wo sie sich ausprobieren können“, lässt Wartmann den Abend Revue passieren. „Das Teilnehmerfeld hat gezeigt, dass es bei ‚local heroes‘ auch mal Ecken und Kanten geben darf. Es geht um echte Gefühle und echten Spaß an der Musik. Die Bands in diesem Jahr überzeugten besonders mit ihrer Authentizität.“

„Wir lieben es live zu spielen“, sagen „Betamensch“. Mehr Gründe, um bei „local heroes“ mitzumachen, braucht es nicht. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe

Das Kennenlern-Projekt „local heroes“, das durch gemeinschaftliche Erlebnisse seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe leistet, lief auch 2019 völlig „basisdemokratisch“ ab. Die geladenen Fachleute der Jury und die mitgereisten Fans urteilten anhand der Auftritte über die größten musikalischen Potenziale aus der gesamten Bundesrepublik. Dass es an diesem Abend um viel – und nicht nur einen bloßen Titel – geht, war allen bewusst. Entsprechend sorgfältig und mit dem gebotenen Ernst wurde von den meisten Anwesenden abgewogen.

Wie „local heroes“-Gewinner sich auf eine Show vorbereiten? „Wir feilen an einem Liveset, bei dem man sich anschnallen muss, um nicht aus der Halle zu fliegen“, kündigten „Me On Monday“ an. Und genau das haben sie auch abgeliefert. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

„Me On Monday“, die großen Gewinner der Nacht, konnten ihr Glück tatsächlich kaum fassen. Sie gewannen nicht nur den 1. Jurypreis, sondern wurden auch Zweitstimmensieger beim Publikum. „Ich zittere noch“, sagt Gitarrist Max Cramer beim Gang von der Bühne. Und auch der Rest der Band ist sichtlich sprachlos. „Wir hatten einfach Bock auf dieses Bundesfinale, und sind nach unserem dritten Anlauf nun für Thüringen dabei gewesen. Allein der Zweitstimmenpreis ist uns so viel wert, weil er bedeutet, dass gerade die Leute, die uns noch nicht kannten, für uns gestimmt haben. Als am Ende der Gesamtsieger genannt wurde und unser Name fiel, habe ich das gar nicht gerafft“, so Frontmann Marius Henschel. „Me on Monday“ sind bekennende “local heroes”-Fans. Von dem Newcomer-Netzwerk haben sie in den vergangenen Jahren mehrfach profitiert. „Es ist schwierig, das noch zu steigern. Wir haben hier so viele nette Leute kennengelernt, mit denen wir inzwischen zusammenarbeiten oder bis heute Kontakt haben. Das war eigentlich der Weg zum Ziel, der eigentliche Gewinn.“ Das „local heroes“-Team und die anderen Bands wollen die fünf Musiker auch nach ihrem Sieg nicht aus den Augen verlieren. „Hier waren super viele kranke Bands. Viele von ihnen haben wir uns angesehen oder im Backstage mit ihnen abgehangen. Das hat viel Spaß gemacht und der Austausch untereinander war sehr wertvoll. Die Qualität der Bands im Bundesfinale ist riesig, das sind wirklich alles verdiente Bundesfinalisten. Deswegen haben wir unseren Sieg auch so wenig erwartet“, lässt Marius den Abend weiter Revue passieren. „Wir haben einmal mehr gemerkt, dass „local heroes“ eigentlich kein Contest ist, sondern ein richtig großes Networking-Event. Es war unheimlich toll, daran Teil zu haben“, führt Schlagzeuger Titus weiter aus. Den Gewinn muss die Band aus Jena und Leipzig nun erstmal verarbeiten.

„Die Verbindung von Ost und West wird hier am Ende der Welt in Salzwedel gefeiert“, sagt local heroes Moderator Dennis Depta. Der Musiker knüpfte an diesem Abend selbst neue Verbindungen. Erstmals führte er durch die lange Showcase-Nacht. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Über so viele positive Worte zu „local heroes“ freut sich auch Julia Wartmann: „Dieses Jahr hatten wir einige ‚Wiederholungstäter‘ unter den Bundesfinalisten. Es ist so schön, zu sehen, wie eine Band über Jahre kontinuierlich hart an sich arbeitet und einzelne Juroren diese Entwicklung auch nachvollziehen können. ‚Me On Monday‘ hat sich einen neuen Namen gegeben, hat wirklich viel geübt und vor allem live gespielt – denn da lernt man am meisten. Heute haben sie richtig abgeliefert.“

Die Siegerband durfte sich nicht nur über ein MK4 Mikrofon aus dem Hause Sennheiser, einen 500-Euro-Gutschein für Musikequipment von Thomann und einen First-Class-Deal mit umfassender Releaseplanung und Storepromotion von recordJet freuen. Der digitale Musikvertrieb legt zudem noch eine exklusive CD-Pressung für das nächste Release der Band mit drauf. Die Gewinner erhalten zusätzlich den Förderpreis des Ministeriums für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt für eine Promotionleistung. Außerdem bekam die Band für ihren Zweitstimmensieg einen BrandRocks-Gutschein im Wert von 200 Euro.

Ohne die Unterstützung der Fans ist local heroes kaum vorstellbar. Nicht nur "The Deaf Kings" konnten in Salzwedel voll auf das mitgereiste Publikum bauen. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Hervorragende Leistungen werden gewürdigt

Die Publikumssieger „Federhall“ aus Sachsen-Anhalt waren kurz nach ihrer Prämierung noch sichtlich baff. „Es ist einfach ein unfassbar langer und stressiger, aber sehr gut durchgetakteter Tag gewesen“, sind sie sich einig. „Gerade sind wir einfach nur erschlagen.“ Ihr Preis, ein 400-Euro-Gutschein von dem Merchandise-Anbieter BrandRocks, ein Release für ein Album und eine Single sowie eine CD-Pressung, gestiftet von recordJet, kann sich sehen lassen. „Eine Stunde spielen ist schon besser als 20 Minuten“, schmunzeln die Fünf gegen halb drei Uhr morgens. Denn „echte Kritik“, das merkt man ihnen an, mag ihnen nicht auf Anhieb einfallen. Für sie sei „Netzwerken“ alles. Und genau das hätten sie bei „local heroes“ sehr gut umsetzen können. Auch von den Coachings und der Location „mit all ihren Annehmlichkeiten“ zeigte sich das Quintett begeistert. „Hier konnten wir uns bewegen. Das ist schon etwas ganz anderes als zu fünft auf drei Quadratmetern zu spielen.“ Mit gerade einmal 18 Fans waren sie nach Salzwedel gereist – überzeugt haben sie die vielen Anwesenden auf ganzer Linie.

Vintage-Zwirn, Synthesizer und „Bonner Liebe“: Die Magdeburger Band „Federhall“ nahm das „local heroes“-Publikum mit auf eine Reise in die Vergangenheit. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Florian-Michel Huwe, bester Instrumentalist des Bundesfinales, strahlte ebenfalls bis über beide Ohren. Seine Band „The Deaf Kings“ landete in der Jurywertung auf Platz 3: „Wir hatten einen mega geilen, aber auch sehr anstrengenden Abend. Seit 16 Stunden sind wir auf den Beinen, aber unsere Fans haben durchgehalten. Das wird uns jetzt nochmal mit diesen zwei Preisen gedankt. Wir haben vorher viel Arbeit in unsere Show gesteckt, was sich definitiv gelohnt hat.“ Trotz den vielen Stunden auf den Beinen: Müdigkeit ist bei diesem Abräumer nach der Preisverleihung noch lange nicht zu spüren. Freuen darf er sich über ein MK4 Mikrofon von Sennheiser. „Angefangen, Gitarre zu spielen, habe ich mit etwa zehn Jahren. Ich bin einfach viel am Üben, und diese Arbeit macht sich jetzt langsam mal bezahlt. Gerade in meine Solos stecke ich viel Mühe.“ Zu einer guten Instrumentalperformance gehört für den Gitarristen nicht nur eine gute Technik, sondern auch Bewegung auf der Bühne.

Florian-Michel Huwe, Leadgitarrist und Sänger der Berliner Band „The Deaf Kings“, überzeugte die Juroren mit seinem musikalischen Handwerk und wurde zum „Besten Instrumentalisten“ gekürt. (Foto: Christoph Eisenmenger / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Marcus Lifke, bester Sänger des Abends, war gerührt über die Auszeichnung. „Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, aber ich freue mich natürlich wahnsinnig“, so der Frontmann von „Fin Dawson“ kurz nach der Preisübergabe. „Heute Abend waren eine ganze Menge sehr talentierter Künstler auf der Bühne.“ Der Sänger mit der tiefen und wunderbar rauen Stimme wurde mit einem e945-Mikrofon sowie In-Ear-Monitoring-Kopfhörern von Sennheiser belohnt. Professionellen Gesangsunterricht nimmt Marcus Lifke übrigens nicht. Zwar habe er sich bereits mit Coaches unterhalten, doch im Wesentlichen auf sich selbst gesetzt. „Das war natürlich auch eine Reise durch viele verschiedene Stadien“, blickt er zurück. „Es hat gedauert, bis ich dort angekommen bin, wo ich mich wohlfühle und aufgehört habe, Leuten nachzueifern.“

„Auf der Bühne zu stehen und zu singen, das macht einfach Spaß!“, sagt der beste Sänger des Abends, Marcus Lifke. (Foto: Christoph Eisenmenger / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Die Band „Feathers and Greed“, die den zweiten Platz in der Jurywertung abräumte, nimmt einen Gutschein für einen Albumrelease, gestiftet von recordJet, mit nach Hause, während die Drittplatzierten „The Deaf Kings“ sich über ein Singlerelease mit Unterstützung des Digitalvertriebs freuen dürfen. Die Plätze Zwei und Drei aus Sicht des Publikums erreichten „On Our Own“ und „Feathers and Greed“. Sie dürfen sich jeweils über Thomann-Gutscheine im Wert von 300 bzw. 200 Euro freuen.

Alle teilnehmenden Bands erhielten außerdem GoodieBags, bestehend aus einer FlatM-100-Monitorbox sowie einem 50%-Rabattgutschein und Merchandise aus dem Hause IMG Stageline.

Insgesamt wurden die hervorragenden Leistungen aller teilnehmenden Bands mit Preisen im Wert von über 10.000 Euro gewürdigt.

„On Our Own“ stecken voller Energie. Mehr Konzerte, auch weiter weg, soll es in Zukunft geben, ebenso wie neue Aufnahmen und Songs samt Musikvideo. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

„Wahnsinnige Energie auf der Bühne“

Entsprechend sorgfältig ging die diesjährige „local heroes“-Fachjury vor. Die neun Damen und Herren hatten im wahrsten Sinne des Wortes die Qual der Wahl. Im Zuschauerraum des Kulturhauses tummelte sich in diesem Jahr erstmals Jurorin Imke Machura, Geschäftsführerin der „Raketerei“.“ Imke war Bookerin sowie Promoterin, ist Produkt- und Labelmanagerin und seit fast einem Jahrzehnt Teil der Musikbranche“, freut sich „local heroes“-Chefin Julia Wartmann über die vielen Perspektiven, die die neue Jurorin in den Wettbewerb mit einbringt. Vor zwei Jahren gründete sie „Raketerei“, ein Musikerinnen-Netzwerk, das mittlerweile 800 Mitglieder fasst. Als Mentorin, Co-Pilotin, Partnerin in Crime unterstützt sie seither Künstlerinnen dabei eine profitable musikalische Karriere aufzubauen.

Retro-Look und Mehrstimmigkeit: „Animal’s Secret“ kamen als Underdogs zum Bundesfinale, gewannen in Salzwedel jedoch viele neue Fans. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

„Es ist eine wahnsinnig schöne Atmosphäre. Man fühlt sich sehr willkommen“, so Imke Machuras Gesamteindruck. In musikalischer Hinsicht fehlt der Raketerei-Chefin jedoch ein wenig die Vielfalt. „Hier wünsche ich mir mehr Diversität.“ Obendrein stünden vorwiegend Männer im Finale. Unterbrochen wurde die Reihe der Frontmänner lediglich von „Mischa“ und „Darcy’s Fault“. „Ich fand ihre Stimme unheimlich toll“, lobt Imke Machura etwa „Mischa“-Frontfrau Mimi Elsässer. „So etwas würde ich mir mehr wünschen. Es ist ziemlich viel Testosteron auf der Bühne. Aber nichtsdestotrotz ist es eine wirklich schöne Veranstaltung mit einer wahnsinnigen Energie und einer erstaunlichen Altersspanne auf der Bühne.“

„Mischas“ Stil ist ehrlich: „Eine gesunde Mischung aus Rock und Pop mit selbstbewusster Frontfrau“, wie die Fünf selbst sagen. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Solides Handwerk habe sie gehört, was sie sich wünsche, sei daher noch mehr Mut, mehr Kreativität und mehr Frauen, die sich angesprochen fühlten. „Ich persönlich glaube nicht, dass man das über eine Quote löst.“ Wenn Frauen in bestimmten Bereichen nicht stattfänden, müsse man schauen, warum sie nicht stattfinden wollten. Tatsächlich gäbe es weniger Frauen- als Männerbands. „Die Frage ist jedoch, warum sind die Frauenbands weniger sichtbar.“ Imke Machura sieht hierfür mehrere Gründe. So sei ihr unter anderem aufgefallen, dass junge Frauen in sozialen Medien wie YouTube „verbal ganz anders angegangen“ würden als Männer. „Das macht in jungen Jahren etwas mit ihnen. Sie ziehen sich wieder zurück und behalten ihre Kunst möglicherweise für sich.“ Ein anderer Aspekt sei die Erziehung. Noch immer würden junge Frauen mit dem Bewusstsein erwachsen, sich einen „sicheren Job“ zu suchen, da sie irgendwann Kinder bekommen würden. „Es gibt hier viele gesellschaftliche Mechanismen. Dadurch ist die Hürde für Frauen höher, den Schritt in die Musikbranche zu machen“, so ihre These. Und ihr Appell: „Die Leute müssen raus aus dem Proberaum!“

„Kreativität und Authentizität sind uns wichtig!“, sagen „Darcy’s Fault“. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Neben Imke Machura stellten sich auch zahlreiche bekannte Jury-Gesichter der Herausforderung, Deutschlands besten Newcomer-Act zu küren. Unter anderem mit dabei waren der bekannte Musikproduzent Peter Hoffmann, Jorin Zschiesche, Captain von recordJet (u.a. Milky Chance, Alice Merton) und der Filter Music Group sowie Martin Risel von Deutschlandfunk Kultur. Musikjournalist und freier Popautor Ole Löding war ebenfalls wieder Teil der „Familie“. Er schrieb zuletzt das Buch „Sound of the Cities“, berichtet aber auch für Medien wie den WDR oder das Magazin K-West. Unterstützt wurden sie von Singer-Songwriter Tim Gerrits und Björn Westpfahl von IMG Stageline.

„Wir machen Alkopop mit viel Geblitze: Von Omi missbilligt, aber verlockend süß“, sagen „Modeste“. (Foto: Christoph Eisenmenger / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Die Zuschauer*innen schätzen vor allem Bands, die sich etwas trauen

„Wie jedes Jahr ist es eine hervorragend organisierte Veranstaltung, bei der man spüren kann, dass das für die Bands ein besonderer Abend ist“, rekapituliert Stammjuror Ole Löding den Abend. So gingen die Finalisten mit viel Leidenschaft, Engagement und natürlich auch Hoffnung an ihre Auftritte und holten in der Kürze der Zeit wirklich alles aus sich raus. „Wir haben heute Bands gesehen, die ganz unterschiedlich sind“, zeigt sich der Musikredakteur über die musikalische Vielfalt begeistert. Zwar seien die Bands größtenteils im rockigen Spektrum unterwegs, „wir haben aber auch spannenden deutschsprachigen Elektropop gesehen, energiereichen Punkpop erlebt; experimenteller und mutiger Krautrock, Psychedelic Rock und HipHop-Elemente waren auch dabei.“ Für ihn sei es immer wieder überraschend, wie qualitativ hochwertig viele Bands seien und wie professionell sie mittlerweile auf der Bühne agieren würden. Natürlich gebe es da Abstufung, aber dafür seien sie als Jury da. Besonders gefreut hat Ole Löding eine „local heroes“-Entwicklung: Habe es in den vergangenen Jahren viele Teilnehmer*innen gegeben, die auf starke Showeffekte setzten, hätten sich diese 2019 auf das Wesentliche konzentriert und „auf ihr Songmaterial verlassen“. „Es ist immer beeindruckend, wie junge Künstler*innen es schaffen, ein Publikum, das sie nicht kennen, so zu überzeugen, dass die Stimmung überschwappt.“ Die Zuschauer*innen würden vor allem Bands schätzen, die sich etwas trauen – und zwar aus allen Genres.

„Zum Glück gibt es Vereine wie die ‚local heroes‘, die Wert auf Liveperformance legen“, freuen sich „Mother“. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

So sei es auch bei der Jury, die zudem die Diversität der Teilnehmer*innen im Blick habe: „Es gibt hier nicht nur wenig Frauen, sondern auch wenige Musiker*innen, die einen Migrationshintergrund haben“, bedauert Ole Löding, betont aber auch, dass sowohl die Jury als auch die Organisator*innen sich bewusst für ein bunteres Teilnehmerfeld einsetzen. Dabei stellt der Juror auch nochmal den Kern des Projektes „local heroes“ heraus: „Es ist zwar toll, wenn man am Ende einen Preis gewinnt. Aber die Hauptsache ist, dass man hier mit ganz vielen anderen tollen Künstler*innen in Kontakt kommt. In der heutigen Musikwelt kann man es nur schaffen, wenn man Netzwerke bildet und sich Partner*innen sucht, mit denen man diesen gerade am Anfang extrem steinigen Weg geht.“ Umso wichtiger sei es gerade für marginalisierte Gruppen, bei Veranstaltungen wie „local heroes“ dabei zu sein, da sie hier Zugang zu vielen wertvollen Kontakten bekämen, die sie voranbringen könnten.

Die Leipziger Band „Emerge“ will gemeinsam mit ihrem Publikum aus dem „Schatten des Alltags“ ausbrechen. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

„Investiert Zeit ins Songwriting!“

Auch David Pfeffer und Felix Mannherz blicken auf einen bewegenden Abend zurück. Beide standen im Zuge des Bundesfinales 2019 nicht nur als Juroren, sondern auch als Coaches in den Startlöchern, um den jungen Talenten ganz persönlich mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. „Der Gesamteindruck war dieses Jahr wieder gut und insgesamt durchaus auf hohem Niveau“, so David Pfeffer kurz nach dem großen Finale. „Das war ein sehr enges Feld und es waren durchaus Bands dabei, die sich etwas haben einfallen lassen und ein Konzept hatten.“ Insgesamt hätte der ein oder anderen Band jedoch das Besondere gefehlt. Der Musiker hat daher einen ganz wesentlichen Appell an alle Teilnehmer*innen des Abends: „Investiert Zeit ins Songwriting!“ Immer wieder falle ihm auf, dass genau darauf zu wenig Augenmerk verwandt werde, dabei sei das das A und O. Das sei jedoch ein Aspekt, an dem alle Newcomer-Bands arbeiten sollten.

Die local heroes-Coaches David Pfeffer und Felix Mannherz haben den kritischen Blick. Sie gaben allen Teilnehmern wertvolle Tipps mit auf den Weg. (Foto: Christoph Eisenmenger / Aktion Musik • local heroes e.V.)

„Wir waren als Juror*innen auf jeden Fall so unterschiedlicher Meinung, wie ich es während meiner Zeit bei ‚local heroes‘ noch nicht erlebt habe“, beschreibt Ole Löding den Juryprozess.

Insgesamt vergaben die Experten der Jury die Titel „Beste Newcomerband (Jury)“, „Beste/r Instrumentalist/in“ und „Beste/r Vokalist/in“. Das Publikum hatte ein eigenes Stimmrecht und entschied über die „Beste Newcomerband (Publikum)“ sowie über den „Zweitstimmensieger“.

„The T.C.H.I.K.“ rissen die Hütte ab

Den krönenden Abschluss dieser Nacht lieferten ohne jeden Zweifel „The T.C.H.I.K“. Den vier Musikerinnen gelang es tatsächlich gegen ein Uhr morgens noch einmal sämtliche Kräfte des Publikums zu mobilisieren. „Circle Pits aus Strass“ gehörten dementsprechend ebenso zum gelungenen nächtlichen „Workout“ wie viele „süße Boys“, die sich zu den Klängen der Berlinerinnen exzellent zu bewegen wussten. „The T.C.H.I.C.K.“ provozierten gekonnt, und spielten sich zugleich in die Herzen des Publikums. Mit Regenbogenflagge auf der Bühne und empowerndem Selbstverständnis in den Songtexten setzen sie zudem wichtige Statements auf der „local heroes“-Bühne.

Dieser Partyzug war kaum zu stoppen. Die Berliner Band „The T.C.H.I.K.“ tanzte mit dem Publikum Richtung Siegerehrung. (Foto: Christoph Eisenmenger / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Das Bundesfinale – ein Ort der Inspiration

„The T.C.H.I.K“-Sängerin Ilay zeigte sich begeistert vom diesjährigen Bundesfinale. Sie selbst sei mit ihren Bandkolleginnen viel auf Festivals, gerade auch auf kleineren Veranstaltungen unterwegs. Eine ähnliche Atmosphäre wie dort finde sie hier in Salzwedel wieder. „Ich mag es sehr, unvoreingenommen andere Bands live anzusehen und mich überraschen zu lassen“, schwärmt Ilay. Diese Möglichkeit biete „local heroes“. Ins Auge gestochen sei ihr „Feathers and Greed“ aus Niedersachsen. Eine Band mit einem durchaus ungewöhnlichen Instrument in der Besetzung – dem klassischen Cello. Neue Einblicke und frische Inspiration mit nach Hause nehmen – das macht für sie ein Besuch auf Events wie diesem aus. „Man lernt nie aus“, ist die junge Frau, die übrigens selbst Cello spielt, überzeugt. „Ich mag es, von allen Stilen noch einmal neue Eindrücke zu bekommen und Dinge zu sehen, die ich vorher vielleicht noch nicht gekannt habe. Das ist sehr faszinierend.“

Percussions, Gitarren, Cello und mehrstimmiger Gesang: „Feathers and Greed“ lieferten eine der außergewöhnlichsten Shows in der „local heroes“-Geschichte. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Neue Eindrücke, neue Sounds, neue spannende Künstler: Auch für die teilnehmenden Musiker*innen und Fans war das Bundesfinale 2019 ein echter Ort der Inspiration. Nicole und Ashley, zum Beispiel, waren eigens für ihre Favoritenband „Me On Monday“ angereist. Für beide war das „local heroes“-Bundesfinale in Salzwedel eine echte Premiere. Begeistert hat die leidenschaftlichen Konzertgängerinnen jedoch nicht nur das Kulturhaus und die „vielfältigen“ Künstler, die sie sich mit großem Interesse angesehen hätten. Gerade Nicole wurde ob des historischen Datums des Abends durchaus nachdenklich. 13 Jahre sei sie 1989 alt gewesen. Entsprechend hautnah habe sie die Ereignisse damals erlebt. Dass man ein solche Bundesfinale an diesem Tag feiern dürfe, sei etwas ganz Besonderes. „Die meisten Bands, die hier teilnehmen, sind so jung, dass sie nicht mehr wissen, wie es früher war“, so Nicole nachdenklich. „Solche Dinge, wie dieses Bundesfinale hätten wir damals nicht erleben können. Die Welt ist musikalisch offen.“

Ihre Musik soll in den Menschen Gefühle wecken, die Vielfalt in ihren Songs jeden dazu zwingen, aufmerksam zu bleiben – das ist das Erfolgsrezept von „Heartfield“. (Foto: Dani Red / Aktion Musik • local heroes e.V.)

„local heroes“ ist eben ein absolutes Herzensprojekt und vereint die Crème de la Crème der deutschen Newcomer-Szene. Die Teilnehmer beeindrucken und profitieren nachhaltig – durch neue Kontakte, mehr Sichtbarkeit, wertvolles Feedback und eine unvergessliche Contest-Erfahrung. Die Zuschauer blicken weit über den eigenen, regionalen Tellerrand und werden gewahr, wie bunt Deutschlands Nachwuchsszene tatsächlich ist. Auf den Tag genau 30 Jahre nach dem Mauerfall stehen im Kulturhaus in Salzwedel 15 Bands aus nahezu allen Bundesländern auf der Bühne und feiern gemeinsam die Vielfältigkeit junger Popmusik und ihre Talente aus ganz Deutschland. Man könnte diesen historischen Tag kaum schöner feiern.

Text: Nicole Oppelt/Lina Burghausen

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Die gewonnenen Titel im Überblick: 
Beste/r Vokalist/in: Marcus Lifke, Fin Dawson (Schleswig-Holstein) 
Beste/r Instrumentalist/in: Florian-Michel Huwe, The Deaf Kings (Berlin) 
1. Platz Jury: Me On Monday (Thüringen) 
2. Platz Jury: Feathers and Greed (Niedersachsen) 
3. Platz Jury: The Deaf Kings (Berlin) 
1. Platz Publikum: Federhall (Sachsen-Anhalt) 
2. Platz Publikum: On Our Own (Bremen) 
3. Platz Publikum: Feathers and Greed (Niedersachsen) 
Zweitstimmensieger: Me On Monday (Thüringen)

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