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local heroes Bayern 2022: „Der Rock’n’Roll lebt!“

Nach zweijähriger Pause feierte der Non-Profit-Nachwuchswettbewerb ein fulminantes Comeback auf dem „ab geht die Lutzi“

„Zeremony“ sind die „local heroes Bayern 2022“: Das Trio ist topmotiviert und freut sich riesig auf die „Herausforderung“ Bundesfinale. (Foto: Lukas Veth)

Ganze zwei Jahre standen die bayerischen Top5 in den Startlöchern. Am vergangenen Freitag war es endlich so weit. Auf der Zeltbühne des „ab geht die Lutzi“-Festivals in Rottershausen konnten die bayerischen Landesfinalsten „Bloomer“, „Brew Berrymore“, „Roadstring Army“, „Stand Up Stacy“ und „Zeremony“ zeigen, was in ihnen steckt. Der Abend übertraf alle Erwartungen der Mitwirkenden. Am Ende entschied sich die Fachjury für „Zeremony“ aus Würzburg. Sie sind die „local heroes Bayern 2022“ und ziehen ins Bundesfinale von Deutschlands ältestem und renommiertestem Non-Profit-Nachwuchswettbewerb ein.

Zuschauer Thomas, der eigentlich wegen „Brew Berrymore“ angereist war, war völlig aus dem Häuschen. „Sie haben mich weggehauen! Und das zu dritt. Alle drei virtuos mit einer klassischen Rockröhre am Mic. Der Shit!“ (Foto: Dani Red)

Um kurz vor Mitternacht herrschte endlich Klarheit! Ganze sechs Stunden lang steppte in der Zeltbühne der sprichwörtliche Bär. In Scharen hatte das „Lutzi“-Publikum den Weg in die Zeltbühne gefunden, um den bayerischen Nachwuchsbands ihren Respekt zu zollen und mit ihnen ein ausgelassenes local heroes Bayern-Landesfinale zu feiern. Um 23.55 Uhr verkündete Moderatorin Lisa Fuchs schließlich den ersten Platz und damit den Sieger des Wettbewerbs. Die Vintage-Rocker „Zeremony“ aus Würzburg überzeugten die vierköpfige Fachjury auf ganzer Linie. Erster Platz! Damit hatte das Trio nicht gerechnet.

Alle Teilnehmer hatten das Zeug zum Sieg

„Uns geht’s sehr gut. Wir sind eigentlich immer noch ziemlich baff“, so „Zeremony“ wenige Minuten nach ihrem Sieg. „Wir haben überhaupt nicht damit gerechnet und freuen uns umso mehr, dass wir heute gewonnen haben. Unglaublich. Vielen Dank.“ Die drei Unterfranken eröffneten den Wettbewerb um 18 Uhr. Entsprechend hatten sie ausreichend Gelegenheit, nicht nur hinter den Kulissen Kontakte zu knüpfen, sondern sich in erster Linie alle Mitstreiter auch in aller Ruhe live anzusehen. Ihr Urteil: „Jede Band hätte gewinnen können. Das ist pure Geschmackssache.“

So sieht Freudentaumel um kurz nach Mitternacht aus: Zeremony konnten ihren Sieg kaum fassen. (Foto: Dani Red)

Warum sich die Jury, bestehend aus Jury-Sprecher Benjamin Haupt, Popularmusikbeauftragter des Bezirks Unterfranken, Posthallen-Inhaber Joachim Schulz, seine Kollegin Linda Müller sowie Tontechniker Erwin Oppelt für „Zeremony“ entschieden haben, erklärt Benjamin Haupt so: „Zeremony hat gezeigt, dass hier einiges geht.“ Die Band habe sehr durchdachte Arrangements und das Ganze sei obendrein „handwerklich top gemacht“. „Sie beherrschen ihre Instrumente auf einem ganz hohen Niveau.“ Auch das Konzept sei besonders. „Es ist wirklich cool zu sagen: Wir nehmen einen Organisten anstelle eines Bassisten und orientieren uns konsequent an den Songs der 1970er Jahre. Das Resultat: Sie machen genau die Musik, die ihnen Spaß macht.“ Das sei vor allem in der heutigen Zeit sehr mutig. „Das ist komplett ehrlich.“ Davon ist auch Joachim Schulz überzeugt. „Sie haben die allerbeste Chance ganz vorne mit dabei zu sein.“

Diese Jury hat beim local heroes Bayern Finale ganz genau hingesehen: Jojo Schulz, Erwin Oppelt, Linda Müller und Benjamin Haupt. (Foto: Dani Red)

Energetisch nach vorne spielen

„Bloomer“ aus Landshut, die Platz zwei für sich beanspruchen konnten, hinterließen vor allem bei Joachim Schulz einen bleibenden Eindruck. „Sie haben unglaublich energetisch nach vorne gespielt. Und das mit wirklich gutem Groove“, freut sich der erfahrene Musiker. „Bloomer waren auf dem Punkt und haben damit ihre Energie auf das Publikum übertragen können. Diese Band ist einfach richtig gut!“

Eine gute Zeit haben und die Musik genießen – das hatten sich „Bloomer“ vorgenommen. Das ist den Landshutern absolut gelungen. (Foto: Dani Red)

Scheiß drauf, wir ziehen uns goldene Höschen an

Viel Lob gab es auch für „Brew Berrymore“ aus Regensburg, die es im Gesamtklassement auf Platz drei geschafft haben. „Was uns besonders gut gefallen hat, war der Innovationsgrad der Musik. Das war alles ein bisschen anders. Das war modern und frisch“, so Benjamin Haupt. „Elemente gemischt aus der guten alten Rock- und Punkschule mit modernen Elektrosounds. Und was die Menschheit mehr braucht denn je und was Brew Berrymore feiert, ist sich selbst nicht so ernst zu nehmen. Und auch mal den Klamauk zu feiern. Und komm scheiß drauf, wir ziehen uns goldene Höschen an und machen eine witzige Show. Wir gehen jetzt nicht so auf die Perfektion, aber dafür auf die Attitude.“

„Man sollte sich als Band und die Musik nicht so super ernstnehmen“, verrät Thomas Tille, Sänger und Gitarrist der Lokalmatadoren „Scallwags“. „Brew Berrymore“ haben diesen Grundsatz absolut verinnerlicht. (Foto: Lukas Veth)

Auf Augenhöhe mit dem übrigen Teilnehmerfeld bewegten sich auch „Roadstring Army“ und „Stand Up Stacy“. „Roadstring Army“-Frontmann Sebastian Seliger wurde sogar als bester Sänger des Abends ausgezeichnet. „Diesen Preis hat er völlig zu Recht bekommen“, betont Benjamin Haupt. „Er hat eine super Stimme und eine klasse Performance gezeigt.“ Gerne, so der Eindruck der Jury, dürfen Sänger und Band noch eine stärkere Einheit bilden. Gerade bei Rock- und Popmusik spiele das eine entscheidende Rolle. „Es geht immer um eine Show und ein Gesamtkonzept.“ Musikalisch seien die Ulmer super. „Sie haben fantastische Songs. Ein paar Stunden mehr im Probenraum und das Ganze kittet sich noch mehr zusammen.“

„Handwerk kann man lernen. Viel wichtiger ist es, die Crowd zu lesen und sie mitzunehmen“, riet Jonas MC den Nachwuchskünstlern vor dem Landesfinale. „Roadstring Army“ gelang das mit Bravour. (Foto: Lukas Veth)

„Stand Up Stacy“ aus München rangierten für Joachim Schulz gar unter den Top 3. „Sie sind frisch dabei und haben noch einiges Potenzial nach oben.“ Besonders gut habe ihm gefallen, dass sie allen Anwesenden ihren Spaß an der Sache absolut vermitteln konnten. „Sie haben toll mit dem Publikum interagiert und gerade nach vorne raus gespielt.“ „Stand Up Stacy“ haben für ihn ein richtig schlüssiges Konzept.

„Wir versuchen immer alle Energie auf der Bühne zu entladen, die wir in unserer Zeit abseits der Bühne aufgestaut haben“, verrieten „Stand Up Stacy“ im Vorfeld. Kein Wunder, dass sie die „Lutzi“-Zeltbühne derart zum Beben gebracht haben. (Foto: Lukas Veth)

„Es gibt super Leute, die alle Bock haben, Musik zu machen“

Insgesamt empfand die Fachjury das Landesfinale als „Zucker“, wie Joachim Schulz strahlend zusammenfasst. „Es war total schön, wieder auf einem Festival zu sein.“ Besonders beeindruckt zeigte sich Benjamin Haupt vom hohen Niveau des Teilnehmerfeldes. „Ich habe an diesem Abend keinen einzigen schlechten Song gehört“, lobt er die Songwriting- und Arrangement-Qualitäten der Top5. Auch handwerklich gab es von seiner Seite nichts zu bemängeln. „Diese Fünf zeigen einmal mehr, was für eine tolle Musiklandschaft wir in Bayern haben. Es gibt super Leute, die alle Bock haben, Musik zu machen.“ Besonders freute ihn, jedoch eine Sache: „Der Rock’n’Roll ist nicht gestorben! Es ist immer gut, handgemachte Musik zu hören.“

„Überrasche, begeistere mich!“

Spielen, spielen, spielen: So lautete auch der einstimmige Rat zahlreicher Künstler, die im Laufe des Wochenendes auf dem „ab geht die Lutzi“ auftraten, in Richtung der bayerischen Newcomer. Der bekannte Schweinfurter Sänger und Songwriter Matze Rossi, der bereits mehr als drei Jahrzehnte Musik macht, möchte ihnen vor allem eines mit auf den Weg geben: „Nehmt keine Ratschläge an. Es ist wichtig, seinem Instinkt zu folgen und sich nicht irgendwo anzubiedern.“ Es gehöre dazu, sich auch einmal damit abzufinden, nicht gemocht zu werden. „Wenn nur ein Mensch da ist, dem ich irgendetwas gebe, dann genügt das schon. Alles andere kommt von allein.“ Entscheidend sei für ihn, dass eine Band ihn live „schockt und mitreißt“. Sie müsse ihn berühren – ganz gleich, ob es extrem laut oder sehr filigran und leise sei. Musikalische Perfektion spiele für ihn keine so große Rolle. Für Matze Rossi steht die „gefühlte Musikalität“ im Vordergrund. „Überrasche, begeistere mich!“

Einfach machen! Das rät Matze Rossi dem musikalischen Nachwuchs im Interview. Dass das prima funktioniert, beweist er seit Jahrzehnten. (Foto: Dani Red)

Die Bamberger HipHop-Crew „Bambägga“, deren Mitglieder teils ebenfalls seit mehr als zwei Jahrzehnten musikalisch aktiv sind, werfen weitere Aspekte in den Ring. „Man darf sich für nichts zu schade sein“, glaubt Rapper Georg33. „Es geht darum, alles zu spielen, alles zu machen und alles selbst zu organisieren.“ Es sei wichtig, diese Erfahrungen zu machen. Und diese können durchaus anstrengend sein. Sein Appell: „Einfach machen und ausprobieren!“ Hart im Nehmen zu sein hält auch sein Bandkollege Jonas MC für ausschlaggebend. „Seid bei euch selbst. Es gibt so viele Kopien. Das dauert seine Zeit.“ Insgesamt wünscht er sich vom Nachwuchs mehr Originalität und Authentizität.

Die deutsche Akustik-Pop-Band „Liedfett“ aus Hamburg ist selbst seit 2007 gemeinsam musikalisch aktiv. Sie sehen das genauso. „Machen!“, so der knackige Appell von Sänger Daniel Michel. „Nutzt jede kleine Gelegenheit und spielt so viel wie möglich live.“ Er und seine Bandkollegen sind sich einig, dass auch ein gut funktionierendes Netzwerk unabdinglich sei, um voranzukommen. Und dieses wiederum ergebe sich eben durch Gigs, Gigs, Gigs. Kritisch beobachten sie die jüngsten Entwicklungen der vergangenen Jahre. Es werde viel gut produzierte Musik auf diversen Plattformen veröffentlicht. Die Künstler:innen hätten viele digitale Kompetenzen. Doch es fehle an Live-Erfahrung. Schade, denn der persönliche Kontakt sei durch nichts zu ersetzen.

In entspannter Runde plauderten Liedfett über ihre Solo-Projekte während der Pandemie, ehrenamtliches Engagement im Musikbereich und den musikalischen Nachwuchs in Deutschland. (Foto: Dani Red)

Ohne Unterstützung gäbe es kein local heroes Bayern

Ein Gefühl, dass das local heroes Bayern-Team absolut nachvollziehen kann. „Die Vorfreude nach zwei Jahren Zwangspause nun endlich das Bayernfinale abhalten zu können, war unendlich groß und der Abend hat unsere Erwartungen bei Weitem übertroffen“, lassen Lisa Fuchs, Dani Straßner, Thomas „Bragi“ Merten und Nicole Oppelt von local heroes Bayern das Landesfinale Revue passieren. „Die Qualität der diesjährigen Finalisten war herausragend gut und obwohl alle beteiligten Bands im Rockgenre beheimatet sind, war die Vielfalt wirklich immens breit: von 70s Vintage Rock bis hin zu Future Rock. Wir sind froh, nicht Teil der Jury gewesen zu sein, denn es war dieses Jahr schwieriger als je zuvor, sich auf einen Sieger festzulegen.“

Euphorische Stimmung bei der Siegerehrung: local heroes Bayern Maskottchen Bragi hat sich nicht lumpen lassen und für die diesjährigen Teilnehmer ganz persönliche Geschenke kreiert. (Foto: Lukas Veth)

Besonders dankbar sind sie auch für die großartige Unterstützung durch das ehrenamtliche Team hinter den Kulissen. Es seien unzählige Runden über das Campingareal gedreht worden, um das Publikum auf das Landesfinale aufmerksam zu machen. Darüber hinaus seien sie stets zur Stelle gewesen, um an allen Ecken und Enden zu unterstützen – sei es hinter der Bühne oder in der Organisation. „Wir können euch gar nicht genug danken!“ Gleiches gelte natürlich auch für die Sponsoren. „Ohne sie wäre die Umsetzung des diesjährigen Landesfinales schlicht nicht möglich gewesen!“ Insgesamt wurden Preise im Wert von mehreren tausend Euro vergeben.

So sehen Sieger aus. Der local heroes Bayern-Jahrgang 2022! (Foto: Lukas Veth)

Das Bundesfinale wird eine echte Herausforderung

„Dieser Finalabend steht für alles, was wir mit local heroes bezwecken wollen: Hoch motivierte Musiker:innen lassen ihr Herz auf der Bühne und begeistern ein dankbares Publikum“, schwärmt auch Tom Vogelsang, Netzwerkkoordinator bei local heroes Deutschland, der den Abend vor und hinter den Kulissen erlebt hat. „Ich bin einfach nur glücklich, dass wir unseren Acts so eine großartige Bühne bieten und alle Bands sie so überzeugend nutzen konnten. Das zeigt, welches Potential die junge Musikszene Bayerns hat und hat die Auswahl der besten Newcomerband für die Jury zur echten Herausforderung gemacht. Wir freuen uns umso mehr, mit Zeremony richtig Rock`n`Roll im Bundesfinale dabei zu haben.“

Text: Nicole Oppelt

1. Platz: Zeremony (Foto: Lukas Veth)

2. Platz: Bloomer (Foto: Dani Red)

3. Platz: Brew Berrymore (Foto: Dani Red)

Bester Sänger: Sebastian Seliger von „Roadstring Army“ (Foto: Lukas Veth)

Gewinner des Slots auf dem WildTunes Festival - „Stand Up Stacy“ (Foto: Lukas Veth)

Übersicht Preise:

1. Platz: „Zeremony“

• Teilnahme am Bundesfinale 2022

• Kabelsatz für die komplette Band gestiftet von Cordial

• 150 Euro Tankgutschein gestiftet von Bamberger Festivals e.V.

• 500 Euro Gutschein gestiftet von Merchdeals + NadelNest

2. Platz: „Bloomer“

• 400 Euro Gutschein gestiftet von Merchdeals + der Firma Stolz aus Hammelburg/Untererhal

3. Platz: „Brew Berrymore“

• 200 Euro Gutschein gestiftet von Musik Butik

„Stand Up Stacy“ + „Roadstring Army“:

1x 100 Euro Tankgutschein gestiftet von Starkwasser

1x 100 Euro Tankgutschein gestiftet von Bamberger Festivals e.V.

Bester Sänger: Sebastian Seliger („Roadstring Army“)

Mikrophon von MusikButik im Wert von ca. 100 Euro

Preise für alle Bands:

• Paket von Cordial: Gitarrenputztuch, Gitarrenkabel, Satz mit 5 Plektren, Aufkleber

• Individuelle Bierträger inklusive 6 Flaschen Starkwasser, gestiftet von Starkwasser und bemalt (Brandmalerei) von „Bragi“

• Persönliches Beratungsgespräch mit dem Popularmusikbeauftragten des Heimatbezirks

Sonderpreise:

Sonderpreis 1: „Zeremony“

Kostenloses Probenwochenende in der Musikakademie Hammelburg gestiftet von MainPop

Sonderpreis 2: „Stand Up Stacy“

Slot auf dem WildTunes Festival 2022 gestiftet von Bamberger Festivals e.V.

Sonderpreis 3: „Bloomer“

Online-Kurs via „MainPop Kommt!“ gestiftet von MainPop

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local heroes Bayern ist ein Riesenprojekt. Gestemmt wird es ehrenamtlich und damit unabhängig. Das ist auch gut so! Doch ohne Unterstützer für die gemeinsame Sache geht es nicht. Support bekommt das local heroes Bayern-Team von MainPop, Posthalle Würzburg, Nadel NESt (Tattoo & Piercing), Gebrüder Stolz GmbH & Co KG (Hammelburg), Merchdeals, Bamberger Festivals e.V., Starkwasser, musik butik, Cordial, ArtistRadar, der Musikinitiative Hammelburg e.V. und natürlich dem „ab geht die Lutzi“-Festival. Ohne diejenigen, die an local heroes Bayern und vor allem die teilnehmenden Künstler glauben, könnte so ein Projekt nicht realisiert werden.

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