Nicht nur musikalisch fesselten die Nachtkinder bei ihrem Live-Auftritt in Hundisburg. Jurorin Marie Antoinette Lührs lobte: „Das ganze Bühnen-Setup war für mich eine Wohltat für meine Augen.“ (Foto: Martin Schöffel)
Im vergangenen Juni entschieden sie das Local Heroes Bayern Landesfinale auf dem Ab geht die Lutzi-Festival für sich. Jetzt ging ihre Reise mit Local Heroes weiter: Die Band Nachtkinder aus Nürnberg absolvierte Anfang September das Local Heroes Bundesfinale 2025 auf Schloss Hundisburg bei Magdeburg. Ihr durchinszeniertes Konzept sorgte für Aufsehen, Staunen und Diskussion. Am 15. November wird bekanntgegeben, wer „Bester Newcomer-Act Deutschlands 2025“ ist.
Vier Tage lang verwandelte sich das barocke Schloss Hundisburg bei Magdeburg in einen kreativen Schmelztiegel: Beim Local Heroes Bundesfinale kamen 13 Acts aus ebenso vielen Bundesländern zusammen, um gemeinsam zu musizieren, voneinander zu lernen und ihre Vision von Musik auf die Bühne zu bringen. Tagsüber drehte sich alles um Workshops, Coachings, Fotoshootings und Live-Recordings, abends öffnete sich die große Scheune für die begehrten Showcase-Konzerte. Spätestens hier zeigte sich, wie vielfältig die deutsche Newcomer-Szene ist – und welche künstlerischen Konzepte die Zukunft prägen könnten.
Die Nachtkinder hinterließen einen bleibenden Eindruck: „Wunderbar! Ich bin rausgegangen und habe gedacht, das ist eine ganz runde Sache“, so Jurorin Marie Antoinette Lührs direkt nach dem Live-Auftritt. (Foto: Martin Schöffel)
Bayern im Finale: Nachtkinder aus Nürnberg
Für Bayern gingen in diesem Jahr die Nachtkinder aus Nürnberg an den Start. Schon im Vorfeld war ihre Teilnahme mit Spannung erwartet worden, hatten sie doch im Landesfinale auf dem überregional bekannten Ab geht die Lutzi-Festival durch eine Mischung aus Theater, Musik und klarer Dramaturgie für Aufsehen gesorgt. Ihr Auftritt in Hundisburg bestätigte diese Erwartungen – und sorgte zugleich für Gesprächsstoff. Denn die Band scheut keine Extreme und präsentierte sich mit einem klaren Konzept, das das Publikum nicht unberührt ließ.
Ist es ein Konzert? Ist es ein Theaterstück? Es ist beides! Bereits am ersten Abend der Live-Konzerte auf Schloss Hundisburg überraschten die Nachtkinder das Publikum mit ihrem außergewöhnlichen Konzept. (Foto: Martin Schöffel)
Inszenierung, Detailfreude und offene Fragen
Die Jury des Local Heroes-Musik-Camps – bestehend aus Musikjournalist Martin Hommel, Sängerin und Vocalcoach Marie Antoinette Lührs sowie Konzert-Designerin und Regisseurin Rixa Knaack-Meyer zur Capellen – fand klare Worte für die Performance der Mittelfranken.
Hommel war beeindruckt von der Professionalität: „Das war kein Konzert, das war eine Inszenierung – und zwar von Anfang bis Ende durchdacht. Jeder wusste genau, was er zu tun hatte, nichts war Zufall.“ Besonders hob er die Rolle von Frontmann Noah hervor: „Eine tolle Bühnenfigur, schlüssig bis ins Detail. Faszinierend, wie er die anderen einbezieht.“ Zugleich waren sich er und seine Jury-Kolleginnen einig: „Die Frage ist: Wie geht es weiter? Wenn jedes Projekt an Klassikern aufgehängt wird, braucht es beim nächsten Mal eine neue Figur.“ Lührs zeigte sich begeistert vom Detailreichtum des Auftritts: „Endlich hat mich mal wieder jemand richtig unterhalten. Ich liebe Details – vom Bühnenbild bis zum zerbrochenen Bilderrahmen.“ Auch sie lobte Noah als verbindendes Element im Bandgefüge: „Großartig, dass die Nebenfiguren auf der Bühne Raum bekamen. Ein exzentrischer Typ, der souverän mit seinen Ecken und Kanten umgeht.“ Knaack-Meyer zur Capellen unterstrich die besondere Verbindung von Theater und Musik: „Man kann das nicht trennen. Das Konzept lebt genau von dieser Kombination.“ Zugleich stellte auch sie die Zukunftsfrage, die dem Trio sicherlich weitere Inspirationsräume eröffnen wird: „Bleibt es dieselbe Figur oder kommt eine neue?“
Die Feedbackrunde mit den Juroren ist fester Bestandteil des Musik-Camps. „Da hat alles gestimmt und selbst mit Dingen, die nicht vorhersehbar sind, sind sie umgegangen“, lobte zum Beispiel Jurorin Rixa Knaack-Meyer zur Capellen. Für sie sei das ein Zeichen dafür, dass der Rahmen stimme, in dem die Nachtkinder auch improvisieren könnten. (Foto: Martin Schöffel)
Polarisierend und eigenständig
Diese Ambivalenz – zwischen Begeisterung und kritischen Nachfragen – zog sich auch durch die Einschätzungen der erfahrenen Coaches. Gitarrist und Sänger Felix Mannherz erklärte: „Ich wusste schon aus dem bayerischen Landesfinale, dass es stark werden würde. Mitreißend, aber klar, Geschmäcker werden sich daran scheiden.“ Sänger und Songwriter David Pfeffer formulierte es ähnlich: „Es polarisiert – und soll auch polarisieren. Wer Theater und Schauspiel mag, wird diese Kombination lieben. Aber auch rein musikalisch tragen die Songs. Fakt ist: Nachtkinder haben ein Fundament geschaffen und echte Alleinstellungsmerkmale, nach denen viele Bands vergeblich suchen.“
Interviews geben ist für viele Künstler eine Herausforderung. Nicht so für die Nachtkinder: Gemeinsam mit dem Social Media-Team von Local Heroes hatten sie im weitläufigen Schlosspark sichtlich Spaß. (Foto: Dani Red)
Auch Cosima Sokol, gemeinsam mit Tom Vogelsang Produktionsleiterin von Seiten Local Heroes Deutschlands, hob die Besonderheit des Auftritts hervor: „Die Nachtkinder haben dieses Jahr mal wieder gezeigt, dass wir aus Bayern wirklich Großartiges zu erwarten haben. Die bayerische Musikszene ist sehr vielfältig und professionell – und fernab vom Mainstream gibt es einiges zu entdecken. Bei den Nachtkindern dachte man zunächst, man gehe auf ein Konzert, und plötzlich war man im Theater. Vergleichbares hatten wir im Local-Heroes-Format meines Erachtens so noch nicht.“ Das Publikum, so Cosima Sokol weiter, habe die Darbietung immer wieder als „fesselnd‘“ – aber auch als polarisierend beschrieben. Genau das mache den Reiz aus: „Man liebt es oder man hasst es. Doch gleichgültig blieb es niemandem. Wir können auf jeden Fall gespannt sein, was da in nächsten Jahren noch kommt.“
Die Interview-Runde mit dem Social Media-Team von Local Heroes war für die Nachtkinder ein guter Anlass, das eigene Schaffen zu reflektieren. (Foto: Martin Schöffel)
Einblicke ins Coaching: Technik trifft Strategie
Dass die Band bei all dem künstlerischen Anspruch auch strukturiert an ihrer Zukunft arbeitet, zeigte sich in den Individual-Coachings, die auf Schloss Hundisburg angeboten werden. Besonders hilfreich seien die technischen Hinweise von Felix Mannherz gewesen, erzählten Nachtkinder: „Er hat sofort unser Live-Setup durchschaut und uns Tipps gegeben, wie wir es verbessern können.“ David Pfeffer wiederum habe wertvolle Anregungen für die Release-Strategie des für 2026 geplanten Albums geliefert: „Er hat uns ermutigt, mehr Singles vorab zu veröffentlichen. Jeder Song hat seine eigene Geschichte – die darf auch für sich erzählt werden.“ Organisatorisch fühlten sich die drei Musiker bereits gut aufgestellt. „Wir haben nur kurz über GEMA und Abrechnungen gesprochen, aber das war kein Schwerpunkt. Für uns war klar: Wir wollten uns auf Kunst und künstlerische Entwicklung konzentrieren. Und genau da haben uns David und Felix sehr weitergeholfen.“
„David und Felix konnten uns in allen Bereichen super weiterhelfen“, freuten sich die Nachtkinder über das konstruktive Gespräch mit den beiden Local Heroes-Coaches. (Foto: Martin Schöffel)
Ein Auftritt mit Nachhall und Nachwirkungen
Mit ihrer Performance beim Local Heroes Bundesfinale 2025 haben die Nachtkinder gezeigt, dass sie mehr sind als eine Newcomer-Band. Ihr Ansatz, Musik und Theater zu verschmelzen, sorgt für Alleinstellung im Rahmen des Musik-Camps und weckt Erwartungen an die Zukunft. Die Jury war gleichermaßen beeindruckt und neugierig auf die Weiterentwicklung, die Coaches sehen ein starkes Fundament gelegt.
Sich ausprobieren, neu inszenieren: Das professionelle Fotoshooting mit Line Tsoj gehörte für die gesamte bayerische Delegation zu einem der Höhepunkte des Musik-Camps. (Foto: Martin Schöffel)
Der Anfang ist also gemacht. Für das Nürnberger Trio war das viertägige Musik-Camp eine „extrem inspirierende“ Erfahrung, so Frontmann Noah. Besonders den Austausch mit den jungen Künstler:innen aus den anderen Bundesländern hätten sie als ungemein wertvoll empfunden. „Das Coaching als auch das Feedback der Jury steht dem aber in nichts nach: Es ist essenziell Rückmeldungen von Profis zu erhalten, die teils eine völlig andere Perspektive haben“, ergänzt Pianistin Celina. Zu den persönlichen Highlights gehörten für sie der Performance-Dreh sowie das Fotoshooting. „Wir gehen hier mit echten und absolut professionellen Ergebnissen nach Hause, die wir uns sonst überhaupt nicht leisten könnten“, ergänzt Schlagzeuger Mais. Nach vier intensiven Tagen sind die Künstler:innen vollgepackt mit Inspiration. Wie geht es nun weiter? „Bei uns herrscht im Augenblick sehr großer Tatendrang – noch mehr als sonst“, so Noah. „Wir fühlen uns in dem, was wir tun, extrem bestärkt und sind nun bereit, die nächsten Schritte zu gehen.“
Ihre Bühnenpräsenz ist eher düster und melancholisch. Beim Fotoshooting zeigten die Nachtkinder auch ihre ausgelassene Seite. (Foto: Martin Schöffel)
Celina, Mais und Noah zeigten vollen Einsatz für die Kunst. Dazu gehörte im Rahmen des Shootings mit Fotografin Line Tsoj auch eine kalte Dusche. Das Local Heroes Bayern-Team stand natürlich danach bereit, um seine „Schützlinge“ wieder zu trocknen. (Foto: Anna Pospiech)
Das Bundesfinale auf Hundisburg hat damit wieder einmal bewiesen, dass es nicht nur ein Musikpreis ist, sondern ein Ort der Begegnung, Inspiration und Weichenstellung. Für die Nachtkinder war es ein wichtiger Schritt – einer, der verdeutlicht, wie viel Potenzial in der bayerischen Band steckt. Wer „Bester Newcomer-Act Deutschlands 2025“ wird und wer in einer der anderen von insgesamt sieben Kategorien punkten konnte, entscheidet in den kommenden Wochen die Fachjury. Bekanntgegeben ihre Entscheidung am 15. November im Magdeburger Moritzhof im Rahmen einer exklusiven Gala. Verbunden ist die Bekanntgabe mit Preisen in Höhe von rund 10.000 Euro. Darüber hinaus wird auch ein Publikumspreis verliehen, bei dem Fans anhand der beim Musik-Camp entstehenden Live-Musikvideos ab dem 06. November online für ihre Favorit:innen abstimmen können.
Weit mehr als nur „emotional support“: Die Nachtkinder wurden vom Local Heroes Bayern-Team, hier mit Maskottchen Bragi, nach Schloss Hundisburg begleitet. (Foto: Martin Schöffel)
Text: Nicole Oppelt
Wer war 2025 mit dabei?
Die Teilnehmer:innen des Bundesfinales 2025 haben sich in verschiedenen Landesausscheiden bzw. über Nominierungen qualifiziert und traten als Newcomer-Act für ihr Bundesland an:
Joshua Caleb (BADEN-WÜRTTEMBERG – Indie/HipHop/Pop)
Nachtkinder (BAYERN – Indie/Alternative Rock)
WaveyWave (BERLIN – HipHop/Pop/Rap)
Viasko (BRANDENBURG – Rock/Alternative/Punk/Pop)
Rapid Strides (BREMEN – Rock/Alternative/Indie)
Tomken (MECKLENBURG-VORPOMMERN – Artpop-Chanson)
Chicago Lane (NIEDERSACHSEN – Glam Rock)
Nuk (NORDRHEIN-WESTFALEN – Indie/Rock/Alternative/Pop)
Ratte Rosa (RHEINLAND-PFALZ – Indie/Electro/Pop/HipHop)
Morgen in Farbe (SACHSEN – Indie-Rock/Indie-Pop)
Leander (SACHSEN-ANHALT – Indie-Pop)
Colour Gray (SCHLESWIG-HOLSTEIN – Alternative Rock/Elektro/PopPunk)
Caems (THÜRINGEN – Indie Pop)
Die Jury setzt sich in diesem Jahr wie folgt zusammen:
Martin Hommel (Musikjournalist)
Marie Antoinette Lührs (Sängerin & Vocalcoach)
Rixa Knaack-Meyer zur Capellen (Konzert-Designerin & Regisseurin)
Die Coachings wurden durchgeführt von:
David Pfeffer (Sänger, Songwriter, Produzent)
Felix Mannherz (Schlagzeuger, Gitarrist, Sänger)
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