Die Mischung macht's! Itchy Poopzkid begeisterten das Publikum mit einer Set altbekannter und brandaktueller Lieder vom neuen Album „Ports & Chords“. (Foto: Christian Stahl)
Nicht nur ein gnädiger Wettergott ließ die Herzen in Rottershausen am vergangenen Samstag höher schlagen
Männer in Frauenkleidern, surfende Gitarristen und eine Maschinerie hinter den Kulissen, die präzise wie ein Uhrwerk arbeitete: Die vierte Ausgabe des Kult-Festivals „... und ab geht die Lutzi!“ im kleinen Rottershausen konnte sich sehen lassen. Veranstalter, Gäste und Künstler freuten sich daher nicht nur über einen wohlwollenden Petrus, sondern vor allem über ein Fest mitten in der fränkischen Provinz, das Jahr für Jahr professioneller wird.
Die Pollywogs kündigten an „komplett nackt“ auf die Bühne zu steigen. Erfüllt wurde diese kühne Prophezeiung zwar nicht. Dafür verzauberte Sänger Bryan Kessler in einem schrillen Blumenkleid. (Foto: RE ON TOUR)
Bei gleich vier Bühnen und mehr als 20 Künstlern gab es am vergangenen Samstag eigentlich nur zwei Methoden, das „... und ab geht die Lutzi!“-Festival 2013 anzugehen: Entweder, die Gäste entschieden sich für Variante A und schmiedeten bereits im Vorfeld der Veranstaltung ihren ganz persönlichen „Laufplan“, um bloß keines der vielen Highlights zu versäumen. Oder aber sie wählten Variante B und ließen sich je nach Lust und Laune von einer Location zur anderen treiben. Ganz gleich, wie sie sich auch entschieden, dank einer ausgeklügelten Spielzeiten-Organisation kamen alle auf ihre Kosten. Das von langer Hand geplante Konzept, welches Rockstage, Hip Hop Area, E-Box und neuerdings die Musikini-Bühne in harmonischen Einklang brachte, ging dank der rund 100 ehrenamtlichen Helfer hinter den Kulissen vollends auf. Pünktlich auf die Minute bestiegen die diversen Acts ihre Positionen. Wer sich da nicht entscheiden und schon mal etwa zwischen Headliner Itchy Poopzkid, Bengio oder auch Manche mögen Tofu Tigers „switchen“ wollte – nichts leichter als das.
Bengio gehörte zu den heimlichen Stars der Hip Hop Area: Der junge Mann aus Fulda, der erst im März sein Debüt-Album in Eigenregie veröffentlicht hat, bestritt in Rottershausen sein erstes Festival dieser Art. (Foto: RE ON TOUR)
„Es wird immer besser und es werden immer mehr Leute“
Lob gab es dafür vor allem von den zahlreich erschienenen Gästen. Ganz gleich, ob aus dem Kreis Bad Kissingen, Schweinfurt, Würzburg oder gar aus Bamberg, kein Weg schien zu weit, um die bunte Mischung ausgiebig und in nicht wenigen Fällen bis tief in die Nacht zu erkunden. „Ich find's cool, weil man sich überall das herauspicken kann, was man hören möchte. Es gibt sehr viele verschiedene Sachen. Wenn einem das eine nicht gefällt, geht man einfach zur anderen Bühne. Es ist immer irgendwo etwas dabei“, so Marry aus Würzburg, die das Festival vor allem genutzt hat, um Bekannte aus der „alten Heimat“ wieder zu treffen. Die Organisation der Veranstaltung lobt die junge Frau als äußerst durchdacht. Von der Getränke- und Speisensituation bis hin zur Securitypräsenz habe alles Hand und Fuß. Erzieher Patrick, der ebenfalls aus der Region stammt, sieht das genauso. Im Gegensatz zu Marry, die das Fest zum ersten Mal besuchte, war er schon zum vierten Mal mit dabei. „Es wird immer besser und es werden immer mehr Leute“, lautet sein Fazit. „Ich bin echt beeindruckt, was hier auf die Beine gestellt wird“, freut er sich mit den jungen Leuten von der Vereinsgemeinschaft Rottershausen e. V., die es erneut geschafft hätten ganze Generationen auf dem Sportgelände am Rande des Dorfes zu vereinen.
„Die Besucherzahlen übertrafen alle unsere Erwartungen“, freut sich die Organisationsspitze Klaus Schmitt und Christian Stahl über das gelungene Festival. (Foto: RE ON TOUR)
Nette Leute, viel gute Musik – und alles völlig professionell
Auch die absoluten Profis konnten den Eindrücken der Gäste nur beipflichten. Mit über 700 gespielten Konzerten in 16 verschiedenen Ländern hatte das Trio Itchy Poopzkid aus Eislingen wohl die meiste Erfahrung vorzuweisen. Panzer, Max und Sibbi sind bereits seit zwölf Jahren gemeinsam unterwegs. „... und ab geht die Lutzi!“ war nach einer ausgedehnten Clubtour und einem ersten Festival in Österreich nun ihr ganz persönlicher Saisonstart in Deutschland. Vom Gesamteindruck, den Rottershausen hinterlassen hat, zeigte sich die Punkrock-Band begeistert. „Ich hatte heute einen ganz großartigen Tag“, fasst Panzer alias Daniel Friedl zu später Stunde das Erlebte zusammen. Sowohl die Vorbereitungen als auch das Konzert selbst hätten „total viel Spaß gemacht“. Seit vielen Jahren würden er und seine Bandkollegen bereits große und kleine Festivals bespielen. „So etwas wie hier, ist wirklich richtig gut“, meint der Sänger und Gitarrist rückblickend. Aufbau, gleich vier professionelle Bühnen samt entsprechendem Equipment, nette Leute, Betreuer, Helfer, musikalische Vielfalt und schließlich jede Menge Gäste: Der Profi und sein Team hatten rein gar nichts auszusetzen. Ihr Fazit: „Ihr habt alles richtig gemacht!“
Die Lutzi höchstpersönlich besuchte Itchy Poopzkid auf der Bühne. (Foto: RE ON TOUR)
Ähnliches war auch aus anderen musikalischen „Ecken“ zu vernehmen. Hannes Naumann und Maik Biermann alias Captain Capa stammen ebenfalls vom Land. Die Bad Frankenhausener, die beim Hamburger Independent-Label Audiolith unter Vertrag sind und den Abend auf der Rockstage beschlossen, wissen nur zu gut um die Leistung der „Lutzi-Crew“. Obschon sie erst recht spät auf das Gelände kamen, nutzten sie die Gelegenheit, um sich den musikalischen Nachwuchs, etwa auf der Musikini-Bühne näher anzusehen. „Man kann Musik jeder Art machen, egal woher man kommt. Und man kann Musik jeder Art überall präsentieren“, so ihr Credo, das auch zur „Lutzi“ wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge passt. Ob hier auf dem Land oder in einem Club in Berlin sei, so die zwei jungen Männer, die gerade an ihrem neuen Album arbeiten, völlig gleich.
Die Musikinitiative Hammelburg präsentierte erstmals ihre eigene Bühne auf dem Festival. (Foto: RE ON TOUR)
Win-Win-Situation: Musikini und „... und ab geht die Lutzi!“ arbeiten zusammen
Der Musik verschrieben hat sich auch die Musikinitiative Hammelburg e.V. seit vielen Jahren. Der Hammelburger Verein, der die Lutzi-Crew von Anfang an mit seinem Knowhow unterstützt hat und wiederum auch von den jungen Leuten aus Rottershausen zum Beispiel beim Bandwettbewerb „local heroes“ supportet wird, war 2013 erstmals mit einer eigenen Bühne vertreten. „Ich finde es wunderbar, dass das zustande gekommen ist“, freut sich der erste Vorstand, Daniel Wolf, über die Präsenz seiner Musikini-Bands im Rahmen des Festivals. Gleich zwei „Debütanten“ konnte er an diesem Abend „ins Rennen“ schicken: Die Poor Devils aus Untererthal sowie die Illustrators, die am vergangenen Samstag erst ihren zweiten Auftritt überhaupt absolvierten. Beide, so Wolf, würden nun das musikalische Portfolio des Vereins, der sich in dieser Saison vor allem der Nachwuchsarbeit verschrieben hat, deutlich erweitern und mit ihren jeweiligen Genres absolut den Nerv der Zeit treffen. Schon jetzt kündigte er zudem an, dass auch die Zusammenarbeit zwischen Rottershausen und Hammelburg selbstverständlich weitergehe.
„Gerade auf dem Land ist es wichtig, musikalische Aufbauarbeit zu betreiben“, meinen die Illustrators. Mit ihrer gut tanzbaren Mischung aus Gitarrenmusik und elektronischen Elementen lockten sie in das Musikini-Zelt. (Foto: RE ON TOUR)
Nächster Halt: 14. Juni 2014
Doch bevor es auf zu neuen Taten geht, ziehen auch die „Lutzi“-Organisatoren erst einmal Bilanz. „Gerade die Bandauswahl, angefangen von Itchy Poopzkid oder Pollywogs auf der Rockstage, über Umse, Bengio oder auch Mundwerk Crew in der Hip Hop Area, bis hin zu Robin Sukroso in der E-Box, hat die der vorherigen Jahre weit übertroffen“, sind sich Klaus Schmitt und Christian Stahl einig.
Der Berliner Robin Sukroso folgte dem Ruf der "Lutzi" ganz ohne Navi von Berlin bis nach Rottershausen. Und dieser muss lautstark gewesen sein. Quasi unmittelbar nach seiner "Punktlandung" begeisterte der Meister der Acpad-Gitarre auch schon in der E-Box. (Foto: RE ON TOUR)
Besonders gefreut hat sich die Organisationsspitze des Festivals über das frühe Eintreffen der Gäste. Schon pünktlich zum Einlass um 17 Uhr strömten diese auf den Platz. Auch heuer wurden die mitunter obersten Ziele der Veranstaltung erreicht: Erneut bestach das Festival durch ein besonders gemischtes Publikum, aber auch durch unterschiedlichste Musikrichtungen, die für alle Rottershausener und ihre Gäste das Passende bereit hielten. „Das Organisationsteam, das die Lutzi schon die vergangenen vier Jahre auf die Beine gestellt hat, hat es auch in diesem Jahr wieder geschafft, ein erfolgreiches Festival zu stemmen“, freuen sich Schmitt und Stahl nach getaner Arbeit. Nur durch das perfekte Zusammenspiel professioneller Techniker und jeder Menge ehrenamtlicher Helfer aus Rottershausen habe dieses Mammutprojekt so „durchgezogen“ werden können. Doch auch für das Duo und seine Mannschaft heißt es nun „nach dem Festival ist vor dem Festival. Schon jetzt können sich die „Lutzi“-Fans den 14. Juni 2014 vormerken. Mit welchen Acts Rottershausen dann überraschen wird, das wollen die beiden allerdings noch nicht verraten.
Text: Nicole Oppelt
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