Insgesamt elf Bands und Solist:innen nahmen Anfang September am local heroes-Bundesfinale 2022 teil. Zeremony aus Würzburg „verteidigte“ die bayerische Ehre mit Bravour.
Höchste Konzentration während der Aufnahme. Zeremony absolvierten die Dreharbeiten absolut souverän. (Foto: Line Tsoj Fotografie)
Das lange Warten hatte endlich ein Ende. Die Würzburger Band Zeremony trat am vergangenen Wochenende für das Bundesland Bayern im local heroes-Bundesfinale 2022 an. An mehreren Drehtagen auf Schloss Hundisburg bei Magdeburg bewiesen das Trio und seine Mitstreiter:innen, welch großartigen Potenziale in ihnen stecken. Jetzt heißt es Daumen drücken. Die Ausstrahlung erfolgt am 11. Dezember – und damit auch die Verkündung der „Besten Newcomerband Deutschlands 2022“.
Das waren intensive Tage! Und es scheint sicher: So etwas haben die altehrwürdigen Mauern des ländlichen Barockschlosses Hundisburg wohl noch nicht gesehen und vor allem gehört. Von Donnerstag bis Sonntag herrschte buntes musikalisches Treiben. Kaum eine Ecke, in der kein Interview geführt, kein Individual-Coaching angeboten oder nicht spontan gejammt wurde. Der Dreh eines ausgewählten Songs in professioneller Studio-Atmosphäre sowie abendliche Live-Sessions rundeten das diesjährige Bundesfinal-Paket stimmungsvoll ab. Mittendrin waren Zeremony. Die bayerischen Landesfinalisten 2022 stießen am vorletzten Drehtag für die große Bundesfinal-Doku hinzu. Ende Juni hatten sie sich im Rahmen des Landesfinales auf dem „ab geht die Lutzi“ in Rottershausen qualifiziert und seitdem auf diesen wichtigen Termin hingefiebert.
Und Action, bitte! Für Zeremony und alle anderen Teilnehmer:innen sind solche Profiaufnahmen ein echter Gewinn. (Foto: Line Tsoj Fotografie)
Mutig und komplett ehrlich
Die Hoffnungen sind seither groß. Immerhin zeigte sich die Fachjury des bayerischen Landesfinales voll des Lobes für Ilja, Daniel und Frank. Jury-Sprecher Benjamin Haupt, Popularmusikbeauftragter des Bezirks Unterfranken, formulierte es kurz nach ihrem Landesfinal-Sieg so: „Zeremony hat gezeigt, dass hier einiges geht.“ Die Band habe sehr durchdachte Arrangements und das Ganze sei obendrein „handwerklich top gemacht“. „Sie beherrschen ihre Instrumente auf einem ganz hohen Niveau.“ Auch das Konzept sei besonders. „Es ist wirklich cool zu sagen: Wir nehmen einen Organisten anstelle eines Bassisten und orientieren uns konsequent an den Songs der 1970er Jahre. Das Resultat: Sie machen genau die Musik, die ihnen Spaß macht.“ Das sei vor allem in der heutigen Zeit sehr mutig und „komplett ehrlich.“ Davon war auch Juror und Posthallen-Inhaber Joachim Schulz überzeugt. „Sie haben die allerbeste Chance ganz vorne mit dabei zu sein.“
Wer sagt, dass Interviews immer ernst sein müssen? Zeremony und die local heroes-Filmcrew hatten bei ihrem Zusammentreffen mächtig Spaß.
Zeremony leben den Netzwerk-Gedanken
Genutzt und genossen haben die Unterfranken diese außergewöhnliche Gelegenheit in vollen Zügen. „Es hat so viel Spaß gemacht“, fasst Ilja kurz nach dem abschließenden Coaching mit David Pfeffer und Felix Mannherz zusammen. Die Anstrengung, aber auch die Freude stand den Dreien nach 24 intensiven Stunden ins Gesicht geschrieben. Die Location, die Organisation, aber vor allem die beteiligten Menschen hätten sie absolut begeistert, so ihr einstimmiges Fazit. „Dieser Netzwerk-Gedanke, der hier immer wieder betont wird, hat echt gut funktioniert“, schwärmt Frank über den künstlerischen Austausch des zurückliegenden Wochenendes. „Wir haben uns gefühlt mit jeder Band unterhalten. Da spielen die unterschiedlichen Genres gar keine Rolle.“ Auch fachlich gab es so einige Inspiration für die Würzburger, die sicherlich bereits auf der Heimfahrt erste Überlegungen zu neuen Songs angestellt haben. Ohnehin ist Produktivität bei diesem Trio Trumpf. Erst im Juli hat die Band ihr aktuelles Album „Survivin’ Rock’n’Roll“ veröffentlicht. Material für mindestens ein weiteres läge bereits in der Schublade, so die Drei.
Dieser Live-Auftritt konnte sich hören und sehen lassen. Als Opener des Abends schafften es Zeremony in kürzester Zeit das Publikum in den Bann zu ziehen. (Foto: Line Tsoj Fotografie)
„Die Inhalte aus den Coaching-Gesprächen werden wir auf jeden Fall mitnehmen“, betont Ilja. „Es wurden viele Themen angesprochen, die für uns bisher immer ein wenig unter dem Radar gelaufen sind.“ Unter anderem sei ihnen deutlich gemacht worden, wie wichtig Social Media-Arbeit für sie als Band sei. Für die Unterfranken steht fest: Ganz gleich, wie „local heroes“ im Dezember für sie ausgehe, die Teilnahme habe sich für sie absolut gelohnt. „Schon nach dem Landesfinale im Juni sei das Feedback toll gewesen und auch weitergetragen worden“, erinnert sich Frank. Jetzt können sie voller Stolz sagen, zu den besten Newcomer:innen aus ganz Deutschlands zu zählen.
Gelungenes Gesamtkonzept
Und wie ist die Einschätzung der Juroren? „Ihre Bühnenausstrahlung ist fantastisch. Diese drei Jungs sind einfach super sympathisch“, so Juror Pablo Power. „Man merkt: Die haben Freude. Und das macht einem Spaß.“ Großen Respekt hat der Sänger für Frontmann Ilja, der mit einer angeschlagenen Stimme angereist war. „Ich schwöre, das hätte keiner gemerkt. Denn er hat eine geile, grungige Stimme – eine richtige Rockröhre. Sie berührt. Und das ist das Wichtigste.“ Besonders gefallen hat dem Juror die Animierung des Publikums. „Sie haben die Leute hervorgeholt. Sie haben getanzt. Das ist fantastisch.“ Alles in allem wertete er den abendlichen Auftritt im Rahmen der Live-Sessions als absolut „erfolgreichen Gig“. Überhaupt zeigte sich der erfahrene Musiker begeistert davon, dass Zeremony sich mit 70er Jahre Vintage Rock auf Schloss Hundisburg vorstellten. Es sei toll, dass sie Bock auf dieses Genre hätten.
Gesucht und gefunden: Zeremony und die beiden Juroren Pablo und Max harmonierten prächtig. (Foto: Dani Red)
„Ich hab’s gefühlt“, ist auch Powers Jury-Kollegin Jenniffer Kae begeistert vom Live-Aufritt der Band. Insbesondere die Energie von Schlagzeuger Frank sei besonders bei ihr hängengeblieben. „Die gesamte Inszenierung hat mir sehr gut gefallen.“ Die Sängerin schätzt es sehr, wenn sich Künstler:innen etwas zu ihrer Musik überlegen und als Band ein Zusammengehörigkeitsgefühl ausstrahlt. Und das sei hier der Fall. Mit einem Wort: „Sie sind wirklich sehr ausgecheckt!“
Bemerkenswert breites Teilnehmer:innen-Feld
Die beiden Coaches David Pfeffer und Felix Mannherz sehen das sicherlich ähnlich. In ihrem Fazit zum diesjährigen Bundesfinale attestieren sie allen Teilnehmer:innen ein sehr hohes Niveau. David Pfeffer, so erläutert er im Gespräch mit local heroes Bayern, hat über die vergangenen Jahre eine „Steigerung im musikalischen Sinne“ feststellen können. Die Variationen der Musikstile habe zugenommen. In dieser Saison reicht sich von Hip Hop bis Garage Rock. „Und auch dazwischen ist alles dabei.“ Besonders freut sich der Sänger darüber, dass diesmal so viele Frauen den Weg zu local heroes gefunden haben. „Das ist eine tolle Entwicklung, die sich hoffentlich so fortsetzt.“ Auch Felix Mannherz stellt das „bemerkenswert breite Feld“ an Teilnehmer:innen heraus. Das sei in der Vergangenheit auch schon anders gewesen. Diesmal, so der Schlagzeuger, seien besonders viele, extrem gute Musiker:innen dabei gewesen. Basisarbeit sei bei diesem Jahrgang definitiv nicht mehr nötig.
Diese jungen Musiker überzeugen mit Persönlichkeit: Zeremony haben mit ihrem Vintage Rock einen bleibenden Eindruck auf Schloss Hundisburg hinterlassen. (Foto: Line Tsoj Fotografie)
„Ich bin sehr stolz auf local heroes, dass sie es geschafft haben und immer wieder schaffen, sich der Zeit anzupassen“, so David Pfeffer. Aus der Not, keine Konzerte mehr spielen zu können, hätten sie eine Tugend gemacht. Das neue Format – Aufzeichnung über mehrere Tage und Erstellung einer Dokumentation – sei über die vergangenen Jahre sichtlich professionalisiert worden. „Die Bands haben hier die Möglichkeit, Sessions zu spielen und gleichzeitig tolle Videos aufzunehmen, Pressearbeit zu machen und Fotos zu bekommen, die dann auch weiterverwendet werden können.“ Der Mehrwert, den local heroes den Bands geben könne, habe sich immens gesteigert.
Diesem Gesamteindruck schließt sich auch das Team von local heroes Bayern an, das Zeremony auf Schloss Hundisburg begleitet hat. „Es war toll zu sehen, wie sich alle Teilnehmer:innen, Juroren, Coaches miteinander ausgetauscht und vernetzt haben“, so Dani Straßner. „Genau darum geht es bei local heroes.“ Die bayerischen Landesfinalisten, so ihr Eindruck, konnten an diesem Wochenende aus dem Vollen schöpfen. „Erste, zarte Bande – etwa nach Freiburg – gibt es bereits.“ Auch Teamkollegin Nicole Oppelt ist begeistert vom Angebot, aber vor allem der Performance der Bayern. „Sie haben auf Schloss Hundisburg gezeigt, dass sie ihr Handwerk absolut beherrschen. Und noch viel mehr: Sie leben den Vintage Rock. Damit haben wir uns allerbestens auf Bundesebene empfohlen.“
Ein Highlight für Zeremony: Im Rahmen der Open-Stage hatten sie Gelegenheit, mit Juror Max Buskohl zu jammen. (Foto: Dani Red)
Spannung bis zum 11. Dezember
Wie geht es nun weiter? Die Bundesfinal-Doku wird am 11. Dezember bundesweit in Musikclubs, soziokulturellen Zentren und weiteren Einrichtungen der Kulturszene zu sehen sein. Die konkreten Orte werden rechtzeitig bekannt gegeben. Wer schließlich den inzwischen wichtigsten Musikpreis der deutschen Non-Profit-Musikszene beim local heroes-Bundesfinale erhält, entscheidet neben der Fachjury, bestehen aus Max Buskohl, Jenniffer Kae und Pablo Power, auch das Publikum, das in den einzelnen Lokalitäten zur Abstimmung aufgefordert wird. Die Sieger:innen werden im Anschluss an die Ausstrahlung medienwirksam verkündet. Sie erwarten Preise in Höhe von rund 10.000 Euro. Daneben wird die „Beste Newcomerband Deutschlands 2022“ unter dem Titel „Pop im Bauhaus“ am 3. März 2023 ein Preisträgerkonzert im Rahmen des renommierten Kurt Weill Festes 2023 absolvieren. Was für eine Ehre!
Alle, die nicht bei der Bundesfinal-Ausstrahlung in den Musik-Einrichtungen dabei sein können, haben im Anschluss an die Sieger:innen-Bekanntgabe die Möglichkeit, die Show auf YouTube und auf mehreren Offenen Kanälen im deutschen Fernsehen anzusehen.
Text: Nicole Oppelt
Wer war 2022 mit dabei?
Die Teilnehmer:innen des Bundesfinales 2022 haben sich in verschiedenen Landesausscheiden bzw. über Nominierungen qualifiziert und traten als Newcomer-Act für ihr Bundesland an:
The Astronaut & The Fox (BADEN-WÜRTTEMBERG – Indie-Rock)
Zeremony (BAYERN – Vintage Rock)
Carnivalesque (BERLIN – Alternative Rock)
Haute Cuisine (BRANDENBURG – Akustik Pop)
Tenski (BREMEN – Deutschsprachige Popmusik)
Million Fellas (MECKLENBURG-VORPOMMERN – Alternative Indie Rock)
Joanne by the Chapel (NIEDERSACHSEN – Folk/Pop)
GÖRDA (SACHSEN – Alternative/Loop/Pop)
herr ulrich (SACHSEN-ANHALT – Rap/Indie/Electronica)
Protovibe (SCHLESWIG-HOLSTEIN – Trancecore)
Former Child (THÜRINGEN – Indie-Pop)
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