Am 16. April erschien das neue Album „Tipi im Wald“ von Stephen Keise (Foto: Pressematerial)
Außergewöhnliche Situationen wirken auf Menschen ganz unterschiedlich. Während sich die Einen biedermeierlich zurückziehen, wächst in Anderen der Drang, sich auszudrücken. Der Würzburger Erzieher und Musiker Stephen Keise gehört definitiv zu Letzteren. 2020 löste in ihm einen wahren Kreativitätsschub aus. Erste Ergebnisse können Musikfreunde bereits seit einigen Wochen auf YouTube bewundern. Am 16. April folgte nun sein Album „Tipi im Wald“.
„Letztes Jahr beim Campen an der Ostsee lernte ich ‚Hippie Jens‘ kennen, einen mobilen Heilpraktiker, der noch nie einen Computer benutzt hat und ohne Smartphone und Internet lebt“, erinnert sich Stephen Keise an den Sommer 2020 zurück. Für den zweifachen Familienvater war das eine einschneidende Begegnung. „Seine Lebensfreude, Leichtigkeit und Dankbarkeit gegenüber allem beeindruckten mich sehr.“ Jens, so erzählt Stephen im Gespräch mit dem Kulturmagazin Leporello, habe ihn in seinem bisherigen Lebensweg bestärkt und ihm Literaturtipps mit auf den Weg gegeben, die in den kommenden Monaten so manches in ihm auslösen sollten. „Du musst unbedingt mal ‚Siddhartha‘ und der ‚Steppenwolf‘ von Hermann Hesse lesen“.
Einfach mal offline gehen…
Gesagt, getan. Stephen unterzog sich einem Selbstversuch. Er tauschte Internet und TV gegen Ruhe und Bücher ein. „Ich verspürte schon seit längerem den Wunsch nach einer neuen Herangehensweise beim Texten und hoffte so vielleicht auf neue Quellen der Inspiration zu stoßen“, fasst er die für ihn bislang ungewöhnlichste Arbeitsphase an einem Album zusammen. Mit Erfolg: „Der Versuch ging auf und ‚Tipi im Wald‘ schrieb sich praktisch von selbst. Songkonzepte, Texte und Melodien sprudelten nur so aus mir heraus und die ersten Demos sorgten für wohlwollendes Feedback in meinem Umfeld.“ Für ihn sei der ganze Prozess eine Art „Entgiftung“ im positiven Sinne gewesen. „So etwas habe ich zuvor noch nie erlebt. Es kamen Gedanken zum Vorschein, die sonst durch Einflüsse von außen wohl überdeckt geblieben wären“, gibt er unumwunden zu. „Hesse hat mich auf den Boden geholt und mir geholfen, auf dem Teppich zu bleiben.“
„‚Tippi im Wald‘ erinnert uns daran, wie wichtig es ist, seine eigene Formel zu finden und vielleicht ein bisschen mehr wie ‚Hippie Jens‘ zu sein“, sagt Stephen Keise. (Foto: Pressematerial)
Insgesamt zehn neue Songs entstanden auf diese Weise. Die gleichnamige Single „Tipi im Wald“ ist seit Anfang März dieses Jahres online und entführt Zuhörer wie Zuschauer in die unberührte Natur. „Dieser Titel ist aus der eigenen ‚Tipi-Erfahrung‘ entstanden. Es ist ein Tune für alle Outdoor-Fans und Frischluft-Fanatiker“, schmunzelt Stephen. Zu sehen ist er darin gemeinsam mit seiner Familie, die die neu gewonnene, freie Zeit während der Corona-Pandemie nutzt, um sich fernab ein eigenes, kleines Refugium zu errichten – ihr eigenes „Familien-Tipi“. „Das war eine echte Gemeinschaftsleistung, bei der wir alle viel gelernt haben und die unseren Zusammenhalt immens gestärkt hat. Bis heute wird es gehegt und gepflegt – und wächst stetig“, so sein Fazit.
Mit im Boot: Dr. Ring Ding und Mellow Mark
Ein „Refugium“, auf dem es viel zu entdecken gibt, ist auch das gesamte Album. Für die Produktion konnte der Würzburger unter anderem gleich zwei echte „Reggae-Veteranen“ gewinnen: Dr. Ring Ding, mit bürgerlichem Namen Richard Alexander Jung, ist ein deutscher Ska-, Reggae- und Dancehall-Künstler und wohl jedem Liebhaber dieser Genres ein Begriff, und Echo-Preisträger Mellow Mark alias Mark Schlumberger. „‚Legende‘ feat Dr. Ring Ding ist eine nostalgische Hymne, die retroperspektiv auf meinen musikalischen Werdegang zurückblickt“, erklärt Stephen. „‚Vereint im Vibe‘ feat. Mellow Mark wiederum beschreibt, wie Musik es schafft, Menschen gegen alle Widerstände zu vereinen.“
Beide Künstler kennt er bereits seit vielen Jahren. „Ich bewundere sie zutiefst. Sie haben mich definitiv geprägt.“ Während er Dr. Ring Ding mit seiner Heimatstadt Münster verbindet, kreuzen sich die Wege mit Mellow Mark nicht nur auf der Bühne, sondern auch bei vergangenen Produktionen. „Es gibt wohl kaum einen erfolgreicheren, deutschsprachigen Reggae-Künstler als Mellow Mark“, schwärmt Stephen über seinen langjährigen Freund.
„Baut mehr Tipis“, fordert Stephen Keise seine Mitmenschen auf. (Foto: Pressematerial)
Kraftquellen und Superkräfte
Natürlich geht es in „Tipi im Wald“ um Freundschaft. Darüber hinaus entfaltet Stephen Keise jedoch ein Themenspektrum aus eigenen Erfahrungen, in dem sich wohl jeder wiederfinden kann. „Resilienz“ besingt unsere Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie als Anlass für die Entwicklung unserer Superkräfte zu begreifen. „Feuerball“ wiederum ist eine Hommage an das Wunder des Lebens. „Energie“ dreht sich um unsere Kraftquelle, deren Inspiration uns befähigt, auf unserem Weg zu bleiben. „Lava“ handelt von dem Moment, wo du deiner großen Liebe zum ersten Mal begegnet bist. „Mein Löwe“ ist ein gesellschaftskritischer, treibender Song im Roots Reggae-Dancehall-Style. „Termitenhügel“ ist ein Lied für die Arbeiterklasse, das Rückgrat unserer Gesellschaft. Und „Weiter“ hinterfragt schließlich das menschliche Dasein und regt zum Nachsinnen an. „Die Beschäftigung damit hat mich auf jeden Fall klarer sehen lassen und mir die Möglichkeit gegeben, viele Dinge auf meine Art loszuwerden“, sagt Stephen.
Doch bei aller Schwere, die diese Gedanken in sich bergen können, schafft es Stephen Keise am Ende doch mit seiner unverkennbaren, humorvollen Musik „Superkräfte“ in uns allen freizusetzten…
Alle Infos zu Stephen Keise:
INSTAGRAM
Text: Nicole Oppelt
Kommentare
Kommentar veröffentlichen